2019 | Burgund | Tour-Tagebuch

Tagebuch der Teilnehmer an der Motorrad-Pilgerfahrt ins Burgund

20. - 28. Juli 2019


1. Tag (Samstag, 20.07.2019)

Guten Abend, Rosa!
Davor (also vor dem Start): Erinnerungen an die Burgundtour 2005 – damals mit Ziel Taizé: Kälte, Regen, Hochwasser und dann der Sonntagsgottesdienst auf dem Berg: Taizé.
Dieses Mal ist manches anders: nicht nur das Ziel zur Halbzeit: Vézelay, und nicht nur das Wetter: Es soll heiß werden, und nicht nur die Art unterwegs zu sein, in Gruppe statt allein.

Und dann geht´s los – ohne die große Aufregung davor, ohne die Nacht mit wenig Schlaf – genug geschlafen, früh genug auf, früh genug los!
Und dann fängt´s an zu tröpfeln: innerlich – dies hast Du vergessen, das Buch das Du zu Ende lesen wolltest, die Sonnenkappe, um in den Pausen Dein Haupt zu schützen – und andere Kleinigkeiten.
Was ich nicht vergessen habe: der Rucksack, der sich in dieser Woche gefüllt hat – und den ich so schnell, so leicht nicht loswerde, der mit auf Reisen geht, mich begleitet.
Bei der Andacht in der Drüggelter Kapelle usw., als es losgeht – auch das neu: es geht los aber nicht „endlich“. Und wohin es geht: nach Osten! Hallo?
Wir wollen nach Westen! Und die vielen Kilometer durch heimische Gefilde – Erst später fällt mir ein, dass ja nicht alle dieses Revier Sauerland kennen, dass es ganz neu, frisch ist.

Na gut! Linz, über den Rhein, dann kommen auch für mich neue Strecken, sehr schön geplant. Und auch, dass wir schon um viertel vor fünf am Hotel sind. Auch das ist neu: In Ruhe die Seele nachkommen lassen.
Abendessen – Nachtickern: für alle.
Gute Nacht

Rainer

 


2. Tag (Sonntag, 21.07.2019)

Von Weidenbach zum Hotel Couleurs Sud, 08000 Charleville-Mézières

Hallo Rosa,
heute haben wir also wieder zusammengefunden – heute beim Zündfunken in Weidenbach.
Es ist Zündfunkenzeit, Rainer (der Ältere) verliest das Tagebuch und schließend heißt es Weitergabe. Du drehst deine Runden, gleitest durch die Hände der Pilgergemeinschaft, änderst strategisch öfters den Drehsinn und landest final bei mir. Schön, dass Du mit mir den Tag verbringen möchtest.
Der Zündfunke wird zelebriert und der Impuls des Tages lautet: Was sind Eure besonderen Momente (des Tages)?
Um 9:30 Uhr heißt es dann Abfahrt.
Wir starten unsere Mopeds, stellen uns in der Fahrreihenfolge auf (das erste Mal beim Start auf dieser Pilger-Reise, dass wir komplett sind). Es geht über Kyll nach Mürlenbach. Wunderschöne und leere Straßen (es ist Sonntag und viele sind sicherlich bei ihren Familien oder in der Kirche).
In Mürlenbach – STOP – Straße, und ich erkenne Warnschilder „UNFALL“.

Was bedeutet es für uns?
- aktuell ein Unfall auf unserer Strecke?
- ist das ein Wink auf erhöhte Achtsamkeit?
- oder mache ich mir einfach zu viele Gedanken?

Ich versuche dieses Thema zu verdrängen und erfreue mich an der schönen Zeit, die ich mit meiner Gruppe erlebe.
Was geht mir so durch den Kopf?
- Eigentlich wollte ich Dir „Rosa“ erst später schreiben, aber Du wolltest halt zu mir, also nehme ich Dich an.
- Fotobuch für diese Pilgerreise? Ja, aber „nur“ light – Termin? Nachtreffen Ende September 2019
- Gruppenbild? Ist im Kasten. Alle Teilnehmer sind drauf. Alle? Leider fehlt Ute, aber sie kann sicher sein, dass wir an sie denken.
„Wünsche Dir alles Gute“
Wir fahren und fahren, folgen unserem Guide und den Straßen, und den Wegen, die mal Straße werden wollen. Mit tollem angepasstem Tempo geht es durch die wunderbare Eifel gen Luxemburg.
Lockeres Fahren, ich fühle mich sehr wohl und kann die Reise genießen. Die Strecke in Luxemburg lässt sich mit einem Wort beschreiben: WOW.
12:00 Uhr Tankstopp in Luxemburg. Bei den Preisen macht Tanken „fast“ Spaß. Super mit 98 Oktan für 1,321 €, da gönn ich meinem Moped auch gern das Gute.
12:35 Uhr…und schon sind wir in Belgien.

Gestern kam im Gespräch, dass Michael wohl nicht nur „´ne Schraube locker“ hatte, sondern sie sogar verloren hat. Was tun? Kabelbinder, die 1. Lösung, die auch sehr naheliegend ist – aber leider hier nicht sehr langlebig. Das Topcase nahm so langsam eine gewisse Eigendynamik auf, bis die Gruppe letztlich anhielt, um sich das mal näher anzuschauen. Die Kabelbinderlösung war nicht mehr existent und die anderen Schrauben hingen am seidenen Faden. Kollektives Brainstorming und die Lösung war skizziert und umgesetzt. Gepäck von Michael runter, meine Tasche auf Connys Soziasitz und Michaels Tasche bei mir auf die Gepäckbrücke. Spanngurt drüber  hält und bleibt so. Für mich ein besonderer Moment, dass wir als Gruppe so klasse miteinander arbeiten konnten und dieses Ziel erreicht haben – Danke dafür! Es hat uns ca. 45 Minuten „gekostet“, aber…wir haben es gern investiert. Michael hat zwar keine neue Schraube, aber er hat nun uns .

Unser Weg führt uns weiter.
14:30 Uhr ist Mittagspause in Redu angesagt. Wir stärken uns mit Speis´ und Trank und haben eine entspannte Zeit.
16:00 Uhr: wir überqueren zum ersten Mal die Grenze zu Frankreich.
Beschwingt gleiten wir weiter auf wirklich tollen Straßen und Strecken, auf denen sich doch immer wieder tolle schöne Momente verstecken - wir müssen nur bereit sein, sie zu erkennen und anzunehmen, sei es die Ausfahrt der MG-Autos, winkende und grüßende Menschen am Wegesrand oder auch die Gleitschirmflieger, die sich von der Thermik tragen lassen. Momente und Situationen, wo ich auch gern 2 x hinschaue.
2 x hinschauen war auch auf einem „fast“ Offroad-Abschnitt angesagt.
Wie würde „Pauli“ vom BDW es ausdrücken? „Schaut lieber in den Schlaglöchern nach, denn es könnten Kinder drin spielen“.
Aber auch dieses haben wir als Gruppe angenommen, und auch wenn ich mich unterwegs manchmal gefragt habe, ob das jetzt so sein muss, so war die doch überzeugende Antwort: Ja!
Als „es“ vorbei war, habe ich dies als besonderen Moment gewertet und bin dankbar für die Erfahrungen.
18:05 Uhr, wir laufen komplett und gesund im Hotel Couleurs Sud in Charleville-Mézières ein. Zwar als letzte Gruppe, aber das spielt zum Glück auf unseren Pilgerreisen keine Rolle.

Also, Mopeds ab in die Garage und den Tag beim gemeinsamen Abendessen ausklingen lassen.
Zwischen den Zeilen stehen noch ganz viele weitere kleine Geschichten, doch wenn ich die alle erzählen wollt´, dann…
Ich kann/darf und möchte aber noch sagen, dass ich sehr froh und dankbar für diese besonderen Momente bin.
In diesem Sinne… lasst uns weiterziehen!

Mike

 


3. Tag (Montag, 22.07.2019)

Von Charleville-Mézières zum Hotel La Haie des Vignes, 54170 Allain

Es ist schon warm am Morgen um 9:00 Uhr in Charleville-Mézières und erstaunlich ruhig am Bahnhof, wo unser Hotel liegt. Selbst die Ansage der ankommenden Busse stört unseren Zündfunken nicht wirklich. Conny – meine Torguidin – nimmt dich Rosa an sich, weil dich sonst keiner haben will. Oder aus Respekt vor dem Tag bzw. unserem Zwischenziel Verdun?
Auch ich bin skeptisch, nicht nur wegen der steigenden Temperaturen. Kann der heutige Tag mit den tollen Strecken im Wald durch idyllische Landschaften und Dörfer mithalten?
Und hätte ich mich doch vor der Fahrt ein wenig mehr über unsere Reiseziele informieren sollen?
Michael erzählt, dass ihn bei seinem Besuch vor 30 Jahren in Verdun besonders das Beinhaus mit den nach Körperteilen gestapelten Gebeinen tief beeindruckt hat. Mir wird schon mulmig zumute.

Doch dann sind wir wieder unterwegs – ich bin einigermaßen begeistert – Kurven, Wald und Panorama – aber schon wieder durch Belgien?
Wir wollten doch nach Frankreich. Vorsichtshalber prüfe ich doch nochmal googlemaps – ja wir sind auf dem Weg Richtung Verdun.
Noch ein Zwischentankstop für Maschine und Mensch. Conny besorgt lieber noch ein paar Flaschen Wasser, damit wir durchhalten. Kurz vorm Schlachtfeld stärken wir uns noch - eigentlich wirkt alles idyllisch und ruhig. Dann der Blick auf die Massen an weißen Kreuzen.
Das Beinhaus liegt oberhalb – keine Frage, eine besondere Architektur mit besonderer Atmosphäre und Licht. Doch hinter den seitlichen Türen lassen sich die aufgehäuften Gebeine nur erahnen - und damit ein Stück des Grauens uns erspart.
Hier drinnen ist es kühl – draußen brennt die Sonne auf den Platz und den riesigen Friedhof.
Doch Mike und Josef lassen sich nicht schrecken und sind schon die Treppen runter.
Ich als jüngeres Mitglied der Gruppe muss dann wohl auch hinterher. Ich sehe Namen und Rosen an jedem der Kreuze. Ob wohl alle diese Kreuze mit Namen versehen sind? Wie viele sind es? Bestimmt keine 700.000, das soll die Zahl der Menschen sein, die hier umgekommen sind. Doch das liegt sowieso nicht in meiner Vorstellungskraft.

Wir müssen weiter – es ist schon unangenehmen warm, doch unsere Tourguidin findet noch schöne schattige Wege bevor es in die Ebene geht und noch einmal hinauf zum amerikanischen Monument Montsec. Genialer Ausblick – nur leider keine Eisdiele.
Um Punkt 18:00 Uhr erreichen wir unser Hotel. Ute ist auch schon da – wir sind vollzählig mit 21 Tourmitgliedern.
Nach dem leckeren Essen und dem reichhaltigen Brownie bin ich längst für das Eis entschädigt. Für ein Hotel an der Autobahn ist es erstaunlich ruhig und gemütlich auf der Terrasse. Nur die stechenden Mücken sind uns etwas zu idyllisch. Dann holt Rainer die Gitarre – was so alles auf ein Moped passt? Dazu gibt es noch Mundorgel - Heftchen und Taschenlampen. Alle singen nach Kräften mit – außer mir – ich habe Dich Rosa an mich genommen und muss Dich noch beschriften.

Leider ist um 22 Uhr Nachtruhe und das Bier ist ausgetrunken – wahrscheinlich besser so, denn morgen ist auch noch ein Tag, (genau genommen) Halbzeit.
Ich hoffe auf eine erträgliche Hitze, ansonsten darf es gerne so weitergehen!

Daniela

 


Von Allain zur Maison St. Bernard, 89450 Vézelay

Hallo Rosa,
auch ich wollte dich im Moment noch nicht mit auf die Reise nehmen, aber da ich anscheinend mittig während des Zündfunkens vor dem Helmkreuz stand und auch es Thomas mit mir „Gut“ meinte, bist du heute meine Beifahrerin.
Ja, es ist schon etwas anderes, mit dir unterwegs zu sein. Als erstes musste ich die Helmlautsprecher etwas leiser drehen bzw. ausschalten, damit wir uns auf der Reise etwas erzählen konnten.
Nach ca. 1 Stunde bin ich zu der Meinung gekommen, dass jetzt aus der Motorradtour meine persönliche Pilger-Reise begonnen hat.
Nachdem wir am Hotel „La Haie des Vignes“ in Allain um 9:30 Uhr bei 25 Grad gestartet sind, sollten sich die Temperaturen bis zur Zielankunft noch bis 40,5 Grad steigern.

Unsere erste Rast machten wir auf einem kleinen Parkplatz am Straßenrand, auf dem uns Ute mit dem Auto gefolgt ist, nachdem wir sie kurz vorher parkend an einem anderen Parkplatz versehentlich ignoriert haben.
Utes Rückenbeschwerden wurden in der Pause umgehend durch Sabines diversen geschulten Griffe behandelt, damit es Utes Rücken besser geht.
Nachdem wir weiter gefahren sind, sahen wir auf der Route ein Einkaufszentrum in dem Wolfgang und Thomas für unsere Mittagsrast einkaufen gingen.

Ja, Rosa, jetzt stehe ich mit dir vor dem Einkaufszentrum und wir passen auf die Helme und Jacken auf und ich versuche schon einmal ein paar Zeilen zu schreiben, damit ich Rainer heute Abend nicht komplett in Anspruch nehmen muss. (Danke, Rainer).
Nach dem Einkauf geht es weiter zur Gruppe die ca. 2 km hinter dem Ort im Schatten auf das Mittagessen wartet.
Die Mittagsrast wurde allerdings noch etwas verschoben, da Wolfgang, unser Tourguide, noch ein paar Kilometerabspulen wollte.
Kurz nach dem Start sahen wir die Gruppe vom Günther, die in einer Kurve sich ein schattiges Plätzchen unter Bäumen ausgesucht haben.
Wir fahren noch ein paar Kilometer weiter auf einen schönen Waldparkplatz an dem wir unsere Mittagsrast hielten. Vorbei fahrende LKW bzw. eine Gruppe mit Citroën-Oldtimern begrüßte uns vorbei fahrend mit ihren Hupen.
Nach der Pause ging es gestärkt weiter durch die Kornkammer Frankreichs, bis sich nach langer Zeit die Landschaft änderte und man sich fragte wie weit es noch nach Vézelay wäre.
Irgendwann war es dann so weit, als sich nach einer Bergkuppe das Kloster von Vézelay zeigte.
Thomas erfreute sich so über diesem Anblick und signalisierte dieses Wolfgang unserem Schlussfahrer per Handzeichen, dass sich das Tourziel in Sichtnähe befindet.

Die Auffahrt zum Kloster ging verbotener Weise durch die Fußgängerzone von Vézelay und auch die Parkplatzsituation gestaltete sich schwierig.
Danach hieß es schnell unter die Dusche und ab in die Basilika zur Vesper bzw. zum Abend-Gottesdienst.
Hier muss man wirklich sagen, dass die Kathedrale mit ihrer Akustik beim Gesang der Schwestern von Jerusalem wirklich beeindruckend ist.
Auch die gesamte Messfeier mit vielen Pilgern war sehr schön.
Nach dem Gottesdienst haben wir uns wieder zum Abendessen im Pilgerhaus St. Bernard getroffen um zu Abend zu essen.
Hier gab es tatsächlich ein paar Probleme, da niemand genau wusste, dass wir das Abendessen selber auftischen müssen. Beim Nachtickern in der großen Runde wurde intensiv über die Einfachheit der Unterkunft diskutiert. Hier gibt es sichtlich verschiedene Meinungen, wobei meine persönliche ist, dass ich glaube, dass so etwas zum Pilgern dazu gehören muss.
Nach dem Nachtickern ging es endlich zum „Ankunftsbier“ in die Bar „La Compostelle“ wo ich glaube, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt es allen wieder gut ging.

So „Rosa“, du bist zwar in der Herberge geblieben aber ich verspreche dir, dass ich ein Bier für dich mittrinken werde.
Zum Abschluss möchte ich dir sagen, dass es ein schöner Tag mit dir war und hoffe, dass du schnell eine neue Mitfahrgesellschaft findet.
Zum Schluss noch ein paar Sätze, die wir uns sicherlich alle zu Herzen nehmen sollten:
- Das Leben ist eine Chance, nutze sie.
- Das Leben ist ein Traum, mach daraus Wirklichkeit.
- Das Leben ist eine Pflicht, erfülle sie.
- Das Leben ist kostbar, gehe sorgfältig damit um.
- Das Leben ist Reichtum, bewahre ihn.

Peter

 


5. Tag (Mittwoch, 24.07.2019)

Vézelay

Kurzer Rückblick auf gestern: Nachdem mein Schnabeltier (GS) auch noch den letzten Hügel erklommen hat, liegst du vor mir, Du schöne Madeleine, die Front warm eingepackt, und trotzdem wiedererkannt. Tiefes Gefühl von Verbundenheit, von Heimat. Viele Male war ich hier, gefühlt und in der Realität.

Jetzt sitze ich im Garten hinter unserer Herberge unter der Platane. Heute ist zum Tag wenig zu vermelden. Es ist heiß wie gestern, Natur und Mensch lechzen nach Wasser. Manchmal geht ein leichter Wind, eher wie der Föhn im Bad. Einige haben es sich gegeben und haben die Umgebung erkundet. Ich gehöre nicht dazu. Nach der Morgenandacht wurde das Dorf erkundet. Immer noch sind viele Häuser baufällig. Der einzige Ort wo ich mich aufhalten kann ist die Basilika. So erhält ein Gotteshaus einen neuen und überzeugenden Sinn… Nach einem kleinen Mittagessen Mittagsschlaf. In unserer Dachkammer ist es genau so warm wie draußen.
Am Nachmittag hatten wir eine sehr informative Führung durch die Basilika durch Lucille. Sie konnte Fakten mit französischem Charme wunderbar verbinden.

Motto des Tages: Das Fleisch ist schwach und der Geist auch!! Dann gab es noch ein kleines Konzert in der Basilika: Musik aus der evangelischen Renaissance mit vielen Stimmen und einer Laute mit riesig langem Steg.
Schöne Töne, passte aber irgendwie nicht in eine französische Kirche. Heute Abend gibt es noch eine Meditation in der kleinen Kapelle der Schwestern, ich bin gespannt.

Und morgen: die Reise geht weiter, immer weiter.
Ich habe großen Respekt vor der Hitze die uns erwartet.
Aber ich habe mich für diese Reise entschieden, egal ob es regnet oder die Sonne brennt. Und das ist gut so!
Und es ist gut zu wissen: es geht immer mehr, als ich vorher gedacht habe.

Thomas

 


6. Tag (Donnerstag, 25.07.2019)

Von Vézelay zum Hotel Restaurant Le Saint-Hubert, 39200 Saint-Claude

Nach dem Zündfunken im schattigen Garten ging es auf zur nächsten Etappe Pilgern mit PS.
Weit gefehlt. Wir sind gepilgert, richtig gepilgert ohne PS und ohne Gepäck aber mit Helm, sicher ist sicher. Nach einem gefühlten Kilometer nahmen wir Fahrt auf. Gepäckaufnahme, feströdeln und los geht´s.
Vorbei an Sonnenblumenfeldern, die ehrfurchtsvoll ihre Köpfe senkten als wir vorbei fuhren. Es war ein schöner Start in den Tag.
Dann plötzlich, in einer langgezogenen Rechtskurve … Schockstarre … das Blut gefror mir in den Adern … Temperatursturz auf 29° Celsius … der Hammer, da mussten wir durch.

Naja, nach einigen scharfen Kurven war ich wieder auf Betriebstemperatur.
Daniela fuhr vor mir, ab und an stellte sie sich mit ausgebreiteten Armen auf die Fußrasten, so dass ich bald das Gefühl hatte, Tim fährt eine Titanic. Doch ich denke es wird zur Temperaturregelung beigetragen haben.
Kurz darauf Tankstopp. Daniela ging gleich 2 x Wasser holen, nicht weil wir doppelt Durst hatten. Nein weil es im Shop halb so heiß war. Tanken, trinken, weiter geht´s.

Gegen 13:30 Uhr Pause zum Essen in einem Restaurant. Die Pause tat uns gut und wir fuhren gut gelaunt und zügig weiter, um den durch die Hitze angestauten Dampf abzulassen. Leider wollten es die Reifen von Tims Motorrad uns gleich tun, Dampf ablassen, oder auch nur Luft. Also kurzer Boxenstopp, Luft tanken und Daniela konnte wieder den Graf von Monte Christo machen.
Die Landschaft, wunderschön, wir sahen Häuschen wie bei Hänsel und Gretel und solche in denen man noch Dornröschen vermuten könnte, und immer wieder sich verneigende Sonnenblumen. Wir waren „The Kings of the Road“.
Nach ca. 1 Stunde Pause in einer schattigen Sackgasse (wie sagt der Große Philosoph RH)

Wir, unsere Gruppe mit Conny als Tourguide, funktionieren hervorragend, deswegen freue ich mich auch als zuletzt Fahrender, dass wir uns 2-3 mal am Tag entgegen kommen. Das ist schön und gehört dazu. Dann wurden die Straßen enger, kurviger und es ging in die Berge. Kurz vor unserem Tagesziel noch die Wand hoch, weit unter uns ein herrlicher See, aber kurze Blicke mussten reichen, die Straße erforderte schon Konzentration. Auf den letzten Metern wurden wir noch von höchster Stelle gelobt und mit einigen Tropfen gesegnet. Ich glaub es war Weihwasser.
Ich bin gestern wieder wie schon oft zu der Erkenntnis gekommen, dass das Leben zu kurz ist um traurig zu sein aber lang genug um Spaß zu haben.

Schulte Josef

 

7. Tag (Freitag, 26.07.2019)

Von St. Claude zum Hotel Relais Du Vignoble, 68420 Gueberschwihr

Nun ist es 23:10 Uhr und Zeit noch etwas bei dir einzutragen.
Der Zündfunken heute Morgen passte für mich. Einfach fahren, ohne denken, wollen, müssen – einfach treiben lassen. Und dann noch mit Freude und Lachen.

Nach 7 Tagen bin ich, glaube ich, angekommen. Zu Hause war müssen, sorgen, mitdenken…
Nach 7 Tagen schwitzen bin ich endlich in der Lage mich mit Gelassenheit den Bedingungen der Situation hinzugeben, egal ab das Wasser am ganzen Körper herunterläuft oder nicht. Manchmal kühlt es sogar.

Was ich davon in den Alltag mitnehme?
Der Wunsch diese Gelassenheit nach Hause zu tragen. Aufgaben so zu nehmen, wie sie sind.
Zu ihnen habe ich auch „ja“ gesagt. Aber mit besserer Struktur, die mir mehr Freiraum lässt für Dinge, die mir gut tun. So haben ich meine Fäden der letzten Tage zusammengefasst.

Zusammengefasst beim Fahren durchs Jura. Zwischendurch hat Wolfgang sein krasses Pferd „Africa“ auf die Weide gesetzt. Wir haben weite Landschaften, kurvenreiche Waldstraße und Schluchten erlebt. Reinhards Helm repariert, zusammen getrunken, gegessen und gelacht.
Uns mit allen gefreut, heil wieder am neuen Ziel angekommen zu sein, unter der Dusche gestanden, um den Schweiß abzuduschen, damit wir wieder frisch sind für den neuen folgenden Tag. Oder wird es doch etwas kühler? Im Moment regnet und weht es draußen, blitzt und donnert.

Sabine

 


8. Tag (Samstag, 27.07.2019)

Von Gueberschwihr zur Johann Tullius Weinkellerei, 55566 Bad Sobernheim

Hallo Rosa!
Schön, dass du mich heute, am vorletzten Tag der Pilgerreise begleitet hast!
Ja, ja ich weiß, anfangs war es etwas gewöhnungsbedürftig – Pilgern mit PS im AUTO???
Glaub mir, das war es für mich auch - aber leider kam die Hexe über Nacht und am Morgen der Abreise konnte ich meinen Kopf nicht mehr drehen.
So entschloss ich mich schweren Herzens – um mich und andere nicht zu gefährden – nicht mitzufahren. Alles gepackt – Motorrad topfit – nur ich nicht! Die Enttäuschung war groß – nicht nur bei mir, auch bei Wolfgang, Sabine und Werner.

Aber – nachdem es mir im Laufe des Wochenendes mit viel Ruhe immer besser ging, hatte ich die Idee, den Pilgern mit dem Auto zu folgen – und Wolfgangs Freude zu dieser Idee war dass das letzte „Zünglein an der Waage“.
Unterwegs nach „La Haie des Vignes“ wo ich die anderen treffen wollte, kamen mir auf den 435 km aber wieder Bedenken: war der Entschluss richtig? Wie würde ich mich fühlen als „Dazugekommene“? Wie die Tage alleine im Auto verbringen? Würde ich auch Teil der Gruppe sein können, wenn die anderen voll mit schönen Erlebnissen, tollen Strecken und Impulsen abends eintreffen würden? Wie würde ich alleine in Frankreich mit meinen spärlichen Französisch-Kenntnissen zurechtkommen? Würde ich die Ziele auch finden und mit meinem neuen Navi zurechtkommen? ...die Liste war lang…und…und…und… Zwischendurch? Überwogen meine Sorgen und Ängste die Freude über meinen Entschluss. Aber – ich wollte ja unbedingt nach Vézelay – diesem wunderbaren spirituellen Ort!

Und es hat sich gelohnt – von Anfang an habe ich mich als Teil der Gruppe gefühlt, der herzliche Empfang am ersten Abend hat mich sehr berührt. Peter sagte vorgestern, das sei doch selbstverständlich – das finde ich nicht, ich habe es als Geschenk erlebt und dafür danke ich euch!
Heute habe ich nach gefühlten 500 Kreisverkehren, davon drei auf der Autobahn in Frankreich – das letzte Ziel unserer Pilgertour erreicht, das Weingut Tullius. Toll hier!
Zweimal habe ich unterwegs Conny´s Gruppe getroffen – klar habe ich mir dann auch eher wieder mein Motorrad unterm Popo gewünscht – aber meinem kleinen Auto haben die Kurven in den Vogesen auch gefallen!! (Die nächste Pilgertour wünsche ich mir aber natürlich unbedingt wieder mit dem Motorrad).

Ich bin sehr froh, dass ich mich auf den Weg gemacht habe – alleine und mit euch!
Eine Geschichte hat mich in diesen Tagen besonders begleitet; die von den zwei Wölfen:
Ein alter Indianerhäuptling erzählt abends am Lagerfeuer seinem Enkel folgende Geschichte:
Mein Sohn, in jedem von uns tobt ein Kampf zwischen zwei Wölfen: der eine Wolf kämpft mit Angst, Sorgen, Ärger, Neid, Selbstmitleid, Egoismus und Missgunst.
Der andere mit Liebe, Freude, Hoffnung, Gelassenheit, Dankbarkeit und Vertrauen – in sich und andere. Der Enkel fragt: „Großvater, und welcher Wolf gewinnt?“ Der Häuptling antwortet: „Der, den du fütterst“…

Ute

 


9. Tag (Sonntag, 28.07.2019)

Von Bad Sobemheim nach Hause

Heute ist Sonntag der 28.01.2019, um 7:30 Uhr hatten wir unser letztes gemeinsames Frühstück. Der Zündfunken war sehr bewegend für mich. Für die Heimfahrt werden neue Gruppen gebildet.
Es soll Regen geben, das heißt, die „Pelle“ an. Noch ist es trocken, also fahre ich über Land durch Waldstücke mit einigen Kurven. Dann kommt er doch, der Regen und bringt auch noch Nebel mit. Die Straßen in den Waldstücken werden rutschig, ich entschließe mich dazu, doch besser auf die Autobahn zu fahren. Es regnet weiter, ich vermisse nun doch die Scheibenwischer. Nach ca. 1 Stunde hört es dann doch auf zu regnen. Vor mir fährt ein Auto mit einem Anhänger, auf dem ein Ruderboot befestigt ist.
Auf einmal kommt mir ein Nummernschild entgegengeflogen. Ich schlage es mit der linken Hand weg. Es war vom Anhänger. Ich bleibe dahinter, um zu sehen ob der Fahrer etwas davon mitbekommen hat. Er steuert einen Rastplatz an, ich folge ihm. Als er aussteigt, warte ich ob er es vielleicht doch bemerkt hat. Ich spreche ihn an und erzähle ihm, dass er gerade das Nummernschild seines Anhängers verloren hat. Wie weg? Ganz weg? So seine etwas ungläubige Reaktion. Für den Hinweis bedankte er sich recht herzlich bei mir. Nun bin ich nach dieser Woche und vielen gefahrenen Kilometern wohl behalten zuhause angekommen.
Ich bin noch immer voller Begeisterung von den schönen Landschaften, der harmonischen kleinen Gruppe, dem kompromissbereiten Tourguide und der großen Runde.

Wir hatten in dieser Woche alles was wir für unseren Körper und unsere Seele brauchten!

Rita