7. Tag (Freitag, 07. September 2018)
Hotel Edelweiß – Braugasthof Adler, Hundersingen
Hallo Rosa!
Deine große Schwester Lila war die erste, die ihren Weg zu mir gefunden hat, insofern freue ich mich, nun auch Dich einen Tag lang begleiten zu dürfen. Die Entscheidung ist dir heute Morgen ja nicht leicht gefallen. Lag es an den Wetteraussichten?
Erst als Wolfgang dir das kleine Schwarze überzog, hast du deine unentschlossene Kurverei beendet.
Ich fand die Sache mit dem Überzieher eine gute Idee und habe mich nach dem Zündfunken für das leuchtkeks-gelbe Ensemble aus dem Hause Michelin entschieden.
Stefans kleine Hondi durfte – wie wir heute Morgen erfahren haben – die Nacht im Wohnzimmer verbringen. Meine Große hingegen hat über Nacht Kopf und Schultern unterm Dach hervorgestreckt. Insofern war sie in der Früh etwas ungelenk. Und ich in meiner Montur zunächst etwas hüftsteif. Die gemeinsame Bewegungstherapie auf den ersten Kilometern hat uns deshalb echt gut getan.
Die weitere Strecke würde ich am ehesten als Transitstrecke beschreiben: gut ausgebaute Straßen, viel Verkehr, wenig Alternativen. Überrascht und beeindruckt war ich wirklich von den vielen – wirklich vielen - !!! Motorrädern, die uns am Reschenpass entgegenkamen. Wo die so „früh“ am Morgen wohl schon herkamen?
Das Wetter blieb trübe, die Berge wolkenverhangen, der Verkehr reichlich. Stop – and – go von Landeck bis Imst. Das Hahntennjoch bei 7-13 Grad und Regen. So gesehen hatten wir schon schönere Tage. Aber das Allgäu empfing uns zuletzt mit herrlicher Spätnachmittags-Sonne und das Schwingen auf kleinen Straßen vom Hof zu Hof hat noch einmal richtig Spaß gemacht.
Zum Zündfunken hatten wir uns heute Morgen übrigens in der kleinen aber feinen Kirche von Schlinig zusammen gefunden. Trotz der üblichen, gewohnten Kirchenstruktur stellten wir uns bestmöglich im Kreis um unser Helmkreuz und drückten ihr (der Kirche) so gesehen unseren Pilger-Stempel auf. Der Text (Seite 22 im Roadbook) knüpfte, vermutlich nicht ganz zufällig, an unser gestriges Nachtickern an:
Jeder Mensch ist dazu bestimmt, zu leuchten!
Auf die gestrige, schwierige Frage „wer bin ich“ hatte Dagmar nämlich eine wunderbare Antwort: In den Momenten, wo ich begeistert bin, da bin ich „ich“. Da bin ich authentisch und neben der Begeisterung und dem Strahlen bleibt kein Raum für „Rollendenken“.
Mein Strahlen und meine Begeisterung kann andere anstecken – muss es aber nicht.
Ich „darf“ nicht erwarten, dass es so ist.
Aber ich sollte mich durch verhaltene oder gar negative Reaktionen nicht davon abhalten lassen zu strahlen, begeistert zu sein, ICH zu sein.
Das bringt mich zum heutigen Impuls:
Was macht mir Freude? Oder vielleicht auch: was begeistert mich? Darüber haben wir uns in den letzten Tagen immer mal wieder ausgetauscht.
HEUTE war es bei mir vor allem eins:
Dass wir immer mal wieder die eine oder auch andere Gruppe am Wegesrand gesehen haben, und sie uns auch ?.
Und unser Winken und Strahlen und die Action einer namentlich hier nicht weiter benannten Person hat ganz offensichtlich einigen Mitmenschen viel Freude bereitet.
Eine andere Freude hat Regina mir heute bereitet, als sie bei unserem ersten Halt in „ich-weiß-nicht-wo“ in der örtlichen Kirche „Engel-Karten“ entdeckte und „spendierte“. Kunstvoll gestaltete Karten mit Engel-Motiven und Sprüchen von Anselm Grün, die mir persönlich Trost und Hoffnung zusprachen. Am Nachmittag dann eine weitere Engel-Begegnung: wir waren nach einer kurzen Pause gerade wieder aufbruchbereit, da kommt ein Motorroller angefahren, hält sozusagen quer vor Michaels Motorrad, der Fahrer fragt nach dem „Anführer“ unserer Gruppe und schenkt uns einen kleinen, aus Holz geschnitzten Engel, verbunden mit seiner Lebensgeschichte in wenigen Sätzen. Wir freuen uns. Er fährt weiter, wir überholen ihn, winken zum Dank, er freut sich. Und den ganzen Tag über begleitet mich ein Lied:
„Gott hat mir längst einen Engel gesandt,
mich durch das Leben zu führen.
Und dieser Engel hält meine Hand.
Wo ich auch bin, kann ich´s spüren.
Mein Engel bringt in Dunkelheit mir Licht.
Mein Engel sagt mir: „Fürchte Dich nicht!!!
Du bist bei Gott aufgehoben!“
Conny