Tagebuch der Teilnehmer an der Motorrad-Pilgerfahrt "Schwarzwald"
20.07.2025 – 26.07.2025
Erster Eintrag von Thorsten für die Schwarzwald-Motorradtour vom 20.-26.07.2025
Was treibt uns an?
Was suchen wir?
Was gibt uns Kraft, Bestätigung und Energie, jeden Tag aufs Neue den gestellten Herausforderungen und Aufgaben entgegenzutreten und unser Bestes zu geben?
Ist es Zufriedenheit, Anerkennung, Respekt, Erfolg, Nervenkitzel, die Suche nach Neuem?
Jeder von uns möchte etwas für sich davon bekommen. Emotionen, Gefühle, Freude, Freiheit und Zufriedenheit, sich lebendig und frei zu fühlen. Das Leben möchte auch gelebt werden.
Ich hoffe, dass ich bei dieser Pilgertour in den Schwarzwald den Raum und die Zeit finde, mich wieder zu fühlen! Frei und glücklich. Das Ganze mit Euch zu genießen. Schöne Gespräche mit Respekt und Humor, dazu noch gutes Essen und köstliche Getränke, runden dann den Tourtag perfekt ab.
Ich freue mich sehr auf Eure Eindrücke, Schilderungen und Erlebnisse, die dieses Tagebuch füllen werden.
Fahrt alle vorsichtig & umsichtig, und genießt die nun folgenden Tage intensiv!
Thorsten
1. Tag - Sonntag, 20.07.2025
Was für eine atemberaubende Kirche gleich am Anfang und was für eine Atmosphäre!
Da macht das Beten Spaß und man kann seine persönlichen Anliegen vorbringen.
(Anm. d. Red.: Die Tour startete in der Autobahnkirche Siegerland)
Erste Rast am Mittag mit Blick von oben auf die „Sieben Jungfrauen“. Schon eine imposante Kulisse.
Es gab hier auch ernste Gedanken bzw. Gespräche über die Volkskrankheit Nr. 1: Depressionen.
Es gab hier mehrere Berührungspunkte von einigen Teilnehmern. Mich hat die Offenheit der Teilnehmer über dieses Thema gewundert, zumal diese Thematik auch heute noch zum Teil tabuisiert wird. Ich habe mich gefragt, ob diese Depressionen überhaupt hierhin gehören?
Ich denke: eindeutig JA!
An dieser Stelle etwas Heiteres: Es konnte beobachtet werden, dass ein Sechszylinder einige Annäherungsversuche gegenüber einem Zweizylinder machte. Dabei stupste der 6er den 2er mehrfach an. Das Ergebnis kenne ich nicht, aber Licht in diese dunkle Angelegenheit kann nur Thorsten bringen.
Dann kam am Nachmittag der große Regen. Petrus hatte wohl eine kurze Zeit alle Schleusen voll geöffnet. Er hatte wohl seinen Kumpel, den Donnergott, mit ins Boot geholt. Nach dieser unfreiwilligen Dusche ging es dann leicht feucht weiter.
Am Abend beim Nachtickern ging es zum Teil auch um ernste Themen bei zwei Teilnehmern. Es gibt Menschen, die sagen, ohne Probleme sei das Leben langweilig. Das mag sogar stimmen. Aber einige Dinge müssen nun wirklich nicht sein. Aber es ist wohl auch das Prinzip des Lebens. Es gibt ja auch sorgenfreie Zeiten im Leben, und dann kommen wieder andere.
Wichtig zu wissen: Man darf den negativen Dingen im Leben nicht zu viel Raum geben.
Und auch gut zu wissen: Auch positiv gestimmte Menschen haben negative Gedanken.
Das finde ich sehr tröstlich.
Weiterhin gilt: Geht irgendwo eine Tür zu, geht eine andere auf.
Es gilt also immer: Kopf hoch, auch wenn manchmal die neue Tür noch nicht sichtbar ist.
Zum Schluss noch das Motto: „Carpe Diem“.
Ganz zum Schluss noch ein Lieblingssatz, den ich in vielen Gedichten verwende. Dieser Satz stammt von der Zeltinger Band aus Köln:
Ibel, Dibel, Dapp – jetzt halt ich auch die Klapp!
Georg
2. Tag - Montag, 21.07.2025
Dritter Eintrag - Tim
„Alles hat seine Zeit“ sagt das Buch Kohelet/Prediger im Alten Testament der Bibel.
Einiges nehmen wir auf diese Fahrt mit, anderes bleibt zu Hause.
Unsere Pause hatte jedenfalls auch ihre Zeit und die war nun zu Ende.
Nach dem letzten Eintrag und dem Zündfunken ging es wiederum feucht-fröhlich weiter. Nun bin ich der Dritte aus unserer Fahrgruppe – ein kleiner Wink, dass auch andere das Tagebuch nehmen können 😉.
Recht schnell nach Fahrtantritt war auch schon die französische Landesgrenze überfahren. Für die einen deutlich zu sehen, für die anderen unmerklich.
Die Kühe glotzen einen jedenfalls genauso an wie in Deutschland. Was aber eine nervige Bauart jedes noch so kleinen Kaffs zu sein scheint, sind kleine Hügel, die die Geschwindigkeit reduzieren und mich zum Aufstehen bewegen. Durch schöne Pässe bewegten wir uns mal schneller, mal langsamer, bloß weg von diesen Dingern.
Am Rheinwehr vorbei und bei den Hexen vorbeigeschaut – schon kamen wir an unser neues Quartier. Mit praktischer Motorrad-Garage, einer kleinen Fliegenplage (welche ich derweil bekämpfe), und moderner Ausstattung. Tja: edel geht die Welt zugrunde.
„Und ein neuer Morgen bricht auf dieser Erde an, in einen neuen Tag, blühe in mir.
Halte mich geborgen, fest in deiner starken Hand und segne mich, segne mich und deine Erde.“
(Herr Du bist die Hoffnung, Text und Melodie Gregor Linßen, 1989)
Tim
3. Tag - Dienstag, 22.07.2025
Eintrag 4, 22.07.2015, Jann-Axel
Dies ist der Tag der Schauinsland-Momente
Ausgehend von unserem Standortquartier „Landgasthof zur Burg“ in Ewattingen geht es auf eine Rundtour durch den südlichen Hochschwarzwald. Der Zündfunke zum Start in den Tag gibt den Impuls mit auf den Weg, besonders beeindruckende Eindrücke zu erinnern.
Was nehme ich auf der Fahrt wahr?
Da sind zunächst die ganz banalen Dinge des Alltags, die wir alle beobachten. Verkehrsregeln, die das Miteinander so viel leichter machen; der Einkauf im Edeka in Donaueschingen. Wie selbstverständlich versorgen wir uns mit Lebensmitteln. Und dann geht es weiter beschwingt durch die Kurven im Auf und Ab der Straßenzüge, mal besseren, mal schlechteren Zustands. Auf manchen Nebenstrecken ging es manchmal nicht weiter. Dann hieß es: Kehrt machen und eine neue Streckenführung suchen. Manche Seitenwege wurden ganz eng. Da ist man auf gegenseitige Rücksichtnahme angewiesen, damit man gut aneinander vorbeikommt.
Ein absoluter Höhepunkt ist die Fahrstrecke von dem touristischen Höhepunkt in der Schwarzwaldlandschaft „Schauinsland“ über 12 km hinab nach Bohrer.
Bei der Abfahrt der kurvenreichen Strecke konnte jeder das Zusammenspiel von Mensch und Maschine ausprobieren. Mutig und rasant nach Mut und Zutrauen zur Maschine ging es die Strecke hinunter. Mancher kam in Schräglagen, die er/sie vorher so noch nicht erreicht hatte.
Und zwischendurch immer wieder atemberaubende Ausblicke in die weiten Ebenen des Schwarzwaldes, die am Horizont wieder in Höhenzüge einmündeten.
Uns führte der Weg über Freiburg im Breisgau noch einmal zurück auf die Höhen des Schauinsland mit der Maßgabe, jeden noch einmal ausprobieren zu lassen, wie er/sie die Wenden und Kurven im Aufstieg meistern konnte. Bei allem interessanten Erleben bemerkten wir die kurzen, manchmal heftigen Regenschauer kaum.
Ein weiterer Höhepunkt des Tages sollte der Besuch des Doms in St. Blasien sein. Sein weithin sichtbarer, imposanter Kuppelbau überragt die Stadt. Sein relativ schlichter, in weiß gehaltener Innenraum, strahlt etwas von Ruhe und Geborgenheit aus. Was einst, seit dem 9. Jahrhundert n.Chr. Zentrum der Benediktiner war, ist heute Bildungszentrum der Jesuiten aus der Tradition von Ignatius von Loyola.
Wie tut das gut, dass es solche Orte gibt! Ich bin in und durch diesen faszinierenden Raum einmal mehr daran erinnert, dass ich geschaffen bin, um zum Lob und zur Ehre Gottes zu leben.
Alles, was ich bin und was ich habe, verdanke ich ihm, unserem Herrn und Gott.
Paulus sagt es im Brief an die Epheser 2,8:
„Aus Gnade seid Ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus Euch. Gottes Gnade ist es!“.
Das ist auch der Wochenspruch über diese Woche. Ich stelle fest: Ich selbst bin ein „Schauinsland“; eine Landschaft mit Höhen und Tälern, mit Weite und Enge, mit Begrenzungen und vielfältigen Möglichkeiten, mit Freuden und Traurigkeiten.
Das alles irgendwie ins Lot zu bringen ist die Herausforderung im Leben.
Und dann kommen wir – hoffentlich – zu dem Ergebnis, das ich mit Worten Paul Gerhardts beschreiben möchte:
„Ich danke Gott und freue mich wie´s Kind zur Weihnachtsgabe,
dass ich bin, - bin! - , und dass ich dich, schön menschlich Antlitz, habe.“
Jann-Axel
4. Tag - Mittwoch, 23.07.2025
Wutach-Ewattingen – immer noch
Vor uns liegt ein Tag mit guten Wetteraussichten, was auch immer das individuell bedeutet.
Wieder durch den Schwarzwald mit einer Gruppe, die einfach so gut harmoniert – harmonisiert – symbiosiiert …. also: läuft top!
Besuch des Campus Galli steht auf dem Programm. Martin, dem ich es verdanke, dabei zu sein bei PmPS, ist davon so nachhaltig begeistert – ich bin gespannt!
Was berührt mich – jetzt, früher – ? Welche Berührungen erfahre ich?
Das ist der heutige Zündfunke.
Vielfältiger und individueller geht´s wohl nicht = mein erster Gedanke.
Jetzt geht es aber erst einmal schön vielfältig und individuell durch diese Landschaft:
die Wutachschlucht, Dörfer, Felder, Störche, die Donau und ihr teilweise felsiges Tal, und die Fernblicke – so weit ins Land.
Ich bekomme eine Gänsehaut nach der nächsten, so schön finde ich es – ich bin maximal berührt!
Mich berührt auch die Frage, was wohl dahintersteckt, wenn Jann-Axel noch das Jahr „2015“ ins Tagebuch schreibt, aber dazu gibt es bestimmt einen Austausch.
Wir fahren also so vor uns hin und enden zunächst vor diesem T-Schild = Sackgasse. Von Willi höre und sehe ich berührende Laute und Gesten – der Ärger war wohl bei ihm.
Als nächstes hält ein Auto: ein älterer Herr in Shorts steigt aus, winkt andere Autos vorbei, die diesen Weg trotz Schild fahren. Wir haben es wohl mit Eingeborenen zu tun. Ich kann das Gespräch (sowohl ob des Helms, aber auch wegen der Mundart) nur in Teilen verstehen. Der Kern ist aber: Wo wollt ihr hin? Ach so, dann fahrt mir hinterher! Und wieder Gänsehaut – ich bin maximal berührt!
Unterdessen kommt Rainers Gruppe dazu – Rainer fährt zu mir auf, guckt und fragt – ich sag nur: fahr einfach hinterher! Und so geht es auf diesem schmaler werdenden Weg weiter – ganz viele land- und forstwirtschaftliche Motorräder hinter einem PKW.
Und wie ich noch überlege: Ist das wohl der Bodensee mit den Alpen im Hintergrund? – hält der PKW an, der Herr steigt aus und weist Willi darauf hin, dass wir jetzt auf den Bodensee schauen und hier quasi die einzige Möglichkeit ist, gleichzeitig auch den Überlinger Teil zu sehen. Spricht´s, steigt wieder ein und fährt weiter. Gut, dass wir Kinnriemen tragen, sonst würden selbige auf dem Tankrucksack liegen.
Ich werde diesem Herrn, der mich so berührt hat, ewig dankbar sein!
Manchmal muss ich mich vor Berührungen schützen: Die Nachrichten aus allen Kriegsgebieten dieser Welt halte ich nicht immer aus. Die Begegnung mit sehr kranken Menschen, Freunden, muss ich wohl überlegen. Geht diese Berührung mit der Realität mir doch teilweise zu nahe und bin ich dann ob meiner Hilflosigkeit unzufrieden – ich kann irgendwie nicht wirklich helfen.
Der Tag heute zeigt mir aber, dass auch der Zufall und die Spontaneität zu ganz wundervollen Momenten führen können, wenn man sich nur aufmacht und es zulässt.
Denn auch das gehört dazu: Berührungen muss man auch zulassen können.
Ich bin mir sicher, dass mich PmPS dabei weitergebracht hat: Berührungen zulassen, mehr mir selbst aber auch dem Zufall zu vertrauen. Das Referieren über alle möglichen anderen Berührungen erspare ich uns jetzt – wir wollen ja nach Dillingen aufbrechen und uns auf dem Weg dahin berühren lassen!
Regina
6. Tag - Freitag, 25.07.2025
Motorradfahren ist Philosophie in Bewegung!
Es ist die bewusste Erfahrung von Freiheit – nicht als Abwesenheit von Grenzen, sondern als Entscheidung, sich ihnen mit klarem Blick zu stellen.
Die Straße unter den Rädern wird zum Symbol für das Leben: unvorhersehbar, voller Kurven, manchmal holprig, und dennoch mit Richtung. In der Reduktion auf das Wesentliche, die Geschwindigkeit, Balance und Präsenz: hier ist die Wahrheit, die sich kaum in Worte fassen lässt.
Wer fährt, denkt nicht über das Fahren nach. Und doch denkt er, über sich, die Welt und die Zeit.
Die Maschine gehorcht, aber sie zwingt auch zur Verantwortung. Jede Entscheidung, jeder Augenblick fordert Aufmerksamkeit.
Vielleicht liegt hier die Erkenntnis: Dass wir nicht vor etwas davonfahren, wenn wir unterwegs sind, sondern suchen. Nicht Geschwindigkeit, sondern Sinn.
Und dass wir auf zwei Rädern spüren, was es bedeutet, im Gleichgewicht zu sein.
Mit der Straße, mit der Welt und mit uns.
7. Tag - Samstag, 26.07.2025
Liebe Freunde und Freundin des ambitionierten Motorradfahrens.
(Ambitioniert, weil täglich 6 Stunden im Sattel bei zügiger Fahrweise.
Unsere gemeinsame Tour zum und durch den Schwarzwald geht heute mit der Heimreise zu Ende.
Ich schaue nochmal zurück auf den Beginn in der Autobahnkirche Wilnsdorf. Dabei fällt mir ein Lied des amerikanischen Liedermachers Tom Waits ein, mit dem Titel „take one last look“, in dem er den in Amerika typischen Ortswechsel beschreibt, wenn man sich – in welcher Hinsicht auch immer – verändern möchte und Abschied nimmt.
Sinngemäß heißt es in dem Lied: „These bikes look like they can give us a good run. Our choice to leave is a good one… And take one last look. Oh, take one last look“.
Wir brechen also auf mit unseren Bikes, nicht ohne vorher spirituell eingestimmt worden zu sein, und sind gespannt auf das, was vor uns liegt, was uns erwartet und was wir uns individuell wünschen mögen.
Im Einzelnen haben wir das in den letzten Tagen von unseren Tagebuchschreibern morgens hören können und treten jetzt den Heimweg an.
Ich danke and dieser Stelle euch allen für die vielen Eindrücke, für die Bewegtheit, die uns in den Gruppen widerfuhr, für das Fahrtspiel auf dem Bike in der Gruppe und überhaupt, dass ich dabei sein durfte.
Vielleicht sieht man sich im nächsten Jahr wieder. Danke und auf Wiedersehen!
René
Samstag, 26.07.2025
Heute geht es nach Hause.
Jeder für sich bzw. in neu gebildeten Fahrgruppen.
Ein letztes Mal ein Zündfunke und dann die Verabschiedung. Ein bisschen Wehmut kommt dabei auf. Für die, die mögen, haben Jann-Axel und TimW ein Agape-Mahl vorbereitet. So etwas hat es bisher bei PmPS noch nicht gegeben [Anm. d. Red.: Doch, z.B. in Ravascletto, 2015].
Es war sehr eindrucksvoll und anrührend. Vielen Dank dafür.
Eckhard, Thomas und ich machen uns danach auch auf den Heimweg. Ein Stück begleiten uns noch TimW, Rainer und Hans-Werner. Die Fahrt führt uns von unserem letzten Hotel in Wildensee über Gelnhausen und Schotten, wo wir auf dem Hoherodskopf Rast machen. Hier können wir nun endlich unsere Regenklamotten ablegen. Weiter geht es über Ulrichstein, Romrod und Alsfeld nach Treysa. Nach einer Kaffee-und-Kuchen-Pause im örtlichen Schwälmer Brotladen geht es weiter über Fritzlar, Wolfhagen und Volkmarsen Richtung Heimat, wo wir gegen 17:30 Uhr wohlbehalten ankommen.
Vielen Dank an unsere Guides Rainer, Hans-Werner und Willi sowie an alle Teilnehmer für die schönen und eindrucksvollen Tage.
Udo












