6. Tag (Donnerstag, 5. August 2021)
Von Clelles nach Vacheresse
Da berühren sich Himmel und Erde – haben wir zum Abschluss des Zündfunkens gesungen – da braucht es bei uns schon mehr als drei Strophen, damit es sich anhört, wie ein und dasselbe Lied! Und was hat mich heute eigentlich bewegt, das Tagebuch anzunehmen? Eventuell der sperrige Meister Eckhart mit einem Text, ausgesucht von den Guides, kommt er ganz modern designend daher. Meister, Meister – Was wurde da von Dir überliefert!
Pilgergruppe aufgesessen – los geht’s. Heute weitestgehend trocken, der kleine Schauer zwischendurch zählt nicht. Die Tour der fünf Cols war es heute – inclusive Wolkenbänder, Wasserfälle, kleine und große Schwünge und Kuhglocken. Für mich am schönsten der Col de Madeleine – die kann was, die Madeleine! Die hat sensationelle Kurven!
Beim Picknick auf ihrer kühlen Spitze leider die Nachricht von Christian: für ihn geht es nicht weiter. Wir sind in Gedanken bei ihm und ich finde es sehr bedauerlich für ihn, diese Tour nicht so erlebt zu haben, wie wir.
Und da ist wieder der Meister in meinem Kopf; der gegenwärtige Augenblick ist die wichtigste Stunde. Wie oft arbeite ich mich daran ab, wie oft kann ich die Vergangenheit und die Zukunft gedanklich nicht loslassen.
Habe ich schon die Landschaft erwähnt – sie war hier und jetzt und zu oft schon wieder vorbei, aber wer ankommen will, muss Gas geben und außerdem ist ja auch der Weg für mich das Ziel. Heute angelegentlich leider von so etwas wie Touristen blockiert – unerhört, dass es hier so viele von denen gibt! 😊
Meister Eckhardt sagt, der bedeutsamste Mensch ist immer der, der uns gerade gegenübersteht. Ich denke, das gilt auch für Lola. Lola hat mich nämlich heute durch meinen ersten Corona-Selbsttest per Video gelenkt – und mir anschließend das gewünschte Zertifikat geschickt. Zu Dritt haben wir das gemacht, auf dass wir bei der Einreise nach Deutschland nicht in Quarantäne müssen… Was sind das für komische Zeiten – auf jeden Fall bin ich sehr dankbar, dass sie für mich da war. Sie war mir in den Videominuten wichtig. Und dann haben wir natürlich über den Eckhart getickert. Ich sag ja, sperrig – ist Liebe ein Werk? Im juristischen Sinne oder wie hat der Meister es wohl gemeint? Und so kommen wir zwar nicht auf einen gemeinsamen Nenner mit ihm und mit uns, aber wir sind in diesem Augenblick uns am wichtigsten und ich für meinen Teil empfange in dieser Gruppe viel Liebe. Ob es für die anderen, Peter, Felix, Alexander, Thomas und Friedhelm, etwas „Werktätiges“ ist, können nur sie beantworten.
Regina