Neue Erfahrungen für Gashand, Geist und Seele

Pilgern mit PS, Helmkreuz am Morgen vor dem Zündfunken
headerstreifen21_1200_0000s_0005_helmkreuz_thueringen_300.jpeg
PlayPause

2024 | Griechenland | Tour-Tagebuch

Beitragsseiten

Tagebuch der Teilnehmer an der Motorrad - Pilgerfahrt "Griechenland 2024"

27.09.2024 – 13.10.2024


Donnerstag, 26.09.2024

Der Weg ist das Ziel für mich

Mit großer Neugier, Respekt und Spannung schaue ich auf unsere große bevorstehende Reise. Diesmal geht es überhaupt nicht darum, an einem Zielort anzukommen. Am Ende wollen wir natürlich gesund und mit vielen Erlebnissen mit unserem Motorrad zu Hause ankommen.
Bis dahin aber geht es um das Kennenlernen mythischer Stätten, das Befahren unterschiedlichster, anspruchsvoller Pisten, nicht zuletzt um das Nachdenken: Was trieb Menschen dazu, an so außergewöhnlichen Orten und unter so schwierigen Bedingungen etwas zu schaffen, das uns heute noch berührt?
Ich war noch nie in Griechenland auf dem Festland. Als Jugendlicher habe ich Bücher darüber geliebt. Ich habe auch noch nicht annähernd eine so große Reise mit dem Motorrad gemacht. Aufgeregt bin ich wie schon lange nicht mehr. Wir verlassen gewohntes Terrain – ein Abenteuer ist das.
So lange ohne meine Heike war ich auch seit 1987 nicht mehr unterwegs, denn wir sind sehr gerne zusammen.
Ein Wechselbad der Gefühle, und ein Weg mit prickelnden Zielen.

Ich wünsche uns:
- Viele schöne Erlebnisse und magische Momente.
- Eine gute, sichere und inspirierende Fahrt.
- Ich will viel sehen, nicht rasen.
- Ein gutes Miteinander in der Gruppe, vielleicht mit neuen Freunden.
- Gerne auch tiefgründige Gespräche
- Eine gesunde Rückkehr mit großer Lust, über das Erlebte zu erzählen.

Seien wir in guten Händen beschützt.

Willy

1. Tag - Freitag, 27.09.2024

Nachdem die Anreise ins Hotel Mühlenhof für einige Pilger eine Herausforderung war, ging es heute auf die längste Strecke mit 520 km nach Nassereith.
Meine Anspannung bezüglich meines Moppeds (läuft der Motor, oder geht er wieder aus?) hat sich im Laufe des Tages ziemlich verflüchtigt.
Sie lief….
Bis zum Fernpass – da blieb meine F6 plötzlich wieder stehen…

Was soll mir das sagen?
Ich sehe es als Prüfung, die Zuversicht beizubehalten. Gar nicht so einfach…
Ich bin dankbar, dass ich mich in unserer Gruppe richtig aufgehoben fühle. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell und harmonisch unsere Pilgergruppe zusammenwächst.
Ich freue mich auf unsere Abenteuerreise und bin zuversichtlich, dass mein Mopped das ab morgen auch so sieht.

„Fahr mit mir auf meinem Weg!“

Günther

 


2. Tag – Samstag, 28.09.2024

Nassereith – Vicenza – 340 km

Am zweiten Tag unserer Pilgerreise starteten wir den Zündfunken in der Kirche neben unserer Unterkunft in Nassereith, um uns dann auf den Weg Richtung Italien zu machen.
Wettermäßig wurde dann kurzfristig das Timmelsjoch gegen Brennerpass und Penserjoch getauscht, was eine gute Entscheidung war. Nach einer tollen Auffahrt zum Penserjoch mit ringsum schneebedeckten Feldern und Wiesen, eröffneten wir auf der Passhöhe bei herrlichem Sonnenschein eine kleine Schneeballschlacht. Bei winterlichen Temperaturen genossen wir alle noch den tollen Ausblick auf die Berge und fuhren dann den sommerlichen Temperaturen in Bozen entgegen.

Nach einer kurzen Autobahnfahrt überraschte uns Ulrich noch mit einer wunderschönen, kurvenreichen Bergstrecke bis zu unserer herrlich gelegenen Unterkunft in Vicenza, wo alle wohlbehalten und zufrieden nach dem erlebnisreichen Tag eintrafen.
In der Unterkunft wurden wir kulinarisch sehr verwöhnt.

Ich freue mich auf die vielen Erlebnisse und Eindrücke, die mich auf dieser Reise noch erwarten.

Bernd

 


3. Tag – Sonntag, 29.09.2024

Aufgewacht! – Im Hotel Crichelon, in toskanisch anmutender Landschaft gelegen. Eine wunderschöne Morgendämmerung ist das Erste, was ich wahrnehme.

Heute über – Der TAG!
Nach den Tagen mit durchfahrenen, abgründigen, regengrausigen Tiefen, schwindelerregenden, schneebedeckten Gipfeln und vielen, vielen Kurven dazwischen – vielen schönen, schmeichelhaft geglückten, und auch einigen haarscharf gekratzten.
Also heute ist der Tag, an dem wir es zu sehen bekommen wollen – das MEER!
Der Weg zum Frühstück – die Pflanzenwelt strotzt voller Saft und Kraft, gesaugt aus dem warmen Regen des Vortags. Fette, pralle Trauben läuten – sollte es wirklich auch hier bald schon Herbst werden?
Gegessen, aufgerödelt und… der ZÜNDFUNKE blitzt. „Wie gehst Du mit Veränderung um?“
Ein ziemlich großes Thema unter einem kleinen Helm… na, mal schauen, was dabei so herauskommt.

Tourbesprechung: Autobahn oder Landstraße?
-> Heute ist Sonntag, es sind keine LKW unterwegs – also Landstraße!
Und schon geht es los – wir starten in den neuen Tag wörtlich im „Sturzflug“, in engen Serpentinen runter ins Tal. Und uns begegnen wie erwartet keine Roadblocker in Form von LKW… aber in Form unzähliger Radfahrer, die zu hunderten fleißig bergauf, bergab strampelnd den Asphalt bevölkern.
Irgendwann erreichen wir die weite Ebene des Po-Tales. Kilometerlang fahren wir auf schnurgeraden Straßen. Die Sonne scheint aus einem strahlend blauen Himmel und wärmt mich – eine fast schon vergessene Empfindung. Wie gut er ist, unser „strahlender Stern“ – Lampera Astera.
Ihn haben wir zum Namen unserer Fahrgruppe erkoren.

Und plötzlich, unvermittelt, hinter einer Anhöhe ist es sichtbar: das MEER!
Riesig weit, tief blau und am Horizont verschmilzt es mit dem Himmel. Endlich – die ersten Möwen hatten es ja zuvor schon angekündigt – aber der Anblick überwältigt mich doch immer wieder.
Schließlich erreichen wir den Hafen von Ancona, laden unsere Gefährte und uns in die Fähre.
Und während des Abendessens an Bord, als wir uns den Tag nochmal durch den Kopf gehen lassen, legt unser Schiff fast unmerklich ab. Leinen los! Auf zu neuen Ufern!

Stimmt es nicht? Der Umgang mit Veränderung fängt mit „Loslassen“ an.
Aber DAS gelingt uns selten mit der Leichtigkeit, mit der wir es am Abend dieses gesegneten Tages taten.

AHOI !

Matthias

 


4. Tag - Montag, 30.09.2024

Liebe Hell(en)a,

den ganzen Tag habe ich mir einen Namen für dich überlegt und hätte dich nun gerne Philia (Freundschaft) getauft. Und dann erfahre ich beim Nachtickern, dass du bereits einen Namen hast.
Aber fangen wir von vorne an.
Der Tag beginnt auf der Fähre. Durch die großen Bullaugen scheint die Sonne, die langsam aus dem Meer aufzusteigen scheint. Ein hellroter Himmel verweist auf einen wundervoll werdenden Tag.
Heute müssen wir mal nicht gleich am Morgen packen. Erst gibt es Frühstück und nach dem Zündfunken dürfen sich alle wieder schlafen legen. So geht Pilgern also auch. Meditation in der Horizontalen statt auf 2 Rädern. Doch um 12 Uhr kommt dann doch Leben aufs Schiff. Alle müssen ihre Kabinen räumen und nach einer Wartezeit auf dem Sonnendeck stürmen wir das Untergeschoss, auf dem wir unsere Maschinen endlich wiedersehen.
Trotz der einfachen ‚Sicherung‘ mit einem dünnen Seil, verknotet an der Sprinkleranlage, ist alles gut gegangen. Es gibt weder Kratzer noch Schrammen. So verlassen wir überglücklich die Fähre und versammeln uns im Hafen.
Etwas Restalkohol vom Ouzo am Vorabend ist auch dabei – aber der ist im Koffer gut aufgehoben.

Und so starten wir in einem neuen Land. Für mich ist es das 25., das ich mit meinem Motorrad befahre. Die Vorfreude war riesig und nun bin ich endlich da.
Bin ich an meinem Ziel angekommen?
So in etwa lautete der Impuls des Tages. Was ist „ankommen“? Wann bin ich angekommen? Und was kommt dann? Viele Fragen kreisen in meinem Kopf.
Gedanklich hänge ich aber noch dem ersten Tag nach: Gott ist aus der Kirche ausgetreten, er ist endlich frei. Komm, wir ziehen los und suchen ihn.
Auch ich suche Gott. In der Kapelle auf dem Schiff genauso wie in der Nacht beim Blick auf den dunklen Ozean und den Sternenhimmel. Am Tag bei den Kirchen und Kreuzen am Wegesrand.
Aber auch bei den Schafen und Ziegen, Hunden, Kühen und der Schildkröte, die wir sahen, musste ich an Gott denken. All das ist für mich seine bunte Schöpfung. Genauso wie die Granatapfelbäume oder die bunten Blumen.

Wann und wo ich ankomme, weiß ich nicht. Wirklich ankommen werde ich vielleicht erst nach diesem Leben. Der Weg dahin ist und bleibt eine Reise. Und wie beim Motorradfahren ändern sich die Umstände stetig. Mal fahren wir auf bestem Asphalt, mal auf Schotter oder Schlamm, mal bei Sonne und mal bei Regen. Und manchmal geht alleine gar nichts mehr und wir brauchen Hilfe.
Wie die Fähre, die uns trockenen Fußes weiterbringt.

So schließe ich mit der Bitte: „Fahr mit uns, Gott!“

Felix


5. Tag - Dienstag, 01.10.2024

Hallo Helena,
ich darf mich erstmal vorstellen!
Ich bin Sabine, die mit der kleinen GS aus der Gruppe der Leuchtenden… Entschuldige bitte, den griechischen Namen konnte ich mir nicht merken.
Guten Morgen erstmal…

Aufgewacht sind wir heute im Hotel Monodendri mitten in den Bergen bei kühlen Temperaturen. Allerdings geht die Sonne auf und sie verheißt uns einen warmen, angenehmen Tag.
Frisch gestärkt vom Frühstück trafen wie uns vor dem Hotel zum gemeinsamen Fußweg ins Kloster zur Vikosschlucht. Als Thomas dort zum Zündfunken der Stille einlud, verstummten sogar die streitenden Vögel. Wir besichtigen das Kloster sehr bedacht und genießen für diese Zeit die Stille, die uns später beim Motorrad fahren wieder fehlen wird.

Nach dem Rückweg zum Hotel entschließen wir uns gemeinsam für eine Route mit einer 10km langen Schotterstrecke. Oh je, hoffentlich war das eine gute Entscheidung. Ich werd´s versuchen, dachte ich und los ging es. Die Strecke war von Beginn an sehr anspruchsvoll. An die Hunde, Pferde und Kühe hatten wir uns schon gewöhnt, aber immer öfter gab es Schotter! Bei einer kurzen Pause dachte ich, ich hab´s geschafft, Ulrich hat die holprige Strecke ausgelassen… Aber nein, wir drehten um und bei der nächsten Abbiegung zeigte mein Navi 23km Wegstrecke an – unbefestigte Straße!

Oh mein Gott!
Gottvertrauen, das hilft mir jetzt!
Endurotraining hatte ich gar nicht gebucht! Bei Pilgern mit PS ist alles möglich.
Ich hab´s geschafft und ich bin ein bisschen stolz auf mich und Spaß hat´s auch noch gemacht.
Gott sei Dank!

Nach einer ausgiebigen Rast mit einem tollen griechischen Mittagssnack machten wir uns auf den Weg zum Tagesziel (Hotel Kastraki in Kalampaka).
Als die gewaltigen Felsen mit den Meteora-Klöstern zu sehen sind, bin ich sehr beeindruckt.
Ein abenteuerlicher und ereignisreicher Tag geht zu Ende. In voller Vorfreude was da wohl alles noch kommen wird: DANKE !
Übrigens haben Gerd und ich heute Kurven gezählt…. 1783 waren es, wir sind uns ganz sicher.

Kurven, Kurven, Griechenland.
Liebe Grüße,

Sabine


6. Tag – Mittwoch, 02.10.2024

Hallo Hellena,

heute habe ich die Ehre, unsere Erlebnisse in dir festzuhalten.
Als Neuling bin ich jedoch unsicher, welche Worte ich wählen soll.
Der Tag beginnt jedenfalls mit einer Fahrt zu einem Meteora-Kloster in der Nähe unserer Unterkunft. Bei strahlendem Sonnenschein erhebt sich das Kloster eindrucksvoll auf einem Plateau.
Im Inneren erwarten uns kunstvolle Wandmalereien und viel Geschichte.
Viele Besucher sind aus aller Herren Länder eingetroffen und die Mönche scheinen heute besonders nervös zu sein. Einer dieser Mönche überrascht uns beim heutigen Zündfunken, den wir in der eindrucksvollen Kulisse abhalten wollen. Er spricht uns an und wir müssen abbrechen. Versteht er uns nicht? Ist Christ nicht gleich Christ? Scheinbar macht er Unterschiede.
Enttäuscht machen wir uns schließlich auf den Weg nach Karpenisi. Die heutige Etappe verspricht wieder viele Herausforderungen und schöne Landschaften. Meine Gruppe findet nach einigen Sackgassen und kiesbedeckten Umleitungen schließlich ihr Ziel. Selbst schlechte Straßen, Wespenstiche und das Umfallen eines Motorrades können uns nicht aufhalten.
Zusammen haben wir alles gemeistert.

Als auch die zweite Gruppe eintrifft, stoßen wir auf den Hochzeitstag eines mitfahrenden Paares an. Es wird viel gescherzt und wir lernen etwas über die Doppeldeutigkeit des Wortes „Verkehr“, der zumindest auf den Straßen in Griechenland bisher nicht sehr ausgeprägt war. Wir lachen gemeinsam.

Nach diesem anstrengenden Tag gehe ich mit dem guten Gefühl ins Bett, wie weit uns Nachsicht, Zusammenhalt und Humor mit einem Schuss Gottvertrauen bringen können.

Auf viele weitere, schöne, gemeinsame Tage!

Tobias

 


7. Tag - Donnerstag, 03.10.2024

Von Karpenisi nach Kalo Nero

Hellena, schnell haben wir uns beim Kreisen füreinander entschieden – warum auch alles auf die lange Bank schieben, denn… das Leben ist so kurz.
Der heutige Zündfunke wurde wieder in gewohnter Art durchgeführt, jedoch gleichzeitig mit einem dynamischen, zackigen „Laudate“.
Text: Lebenswege – wie passend. Impuls: Klöster & Kurven – was ist da deins in deinem Leben?

Wir starten gegen 9:20 Uhr gen Kalo Nero, „meinem“ Etappen-Reiseziel.
Mit einer gewissen Unsicherheit habe ich die Pilgerreise begonnen, doch ich musste… es geht ans Meer – da wollte ich hin!
Bereits am gestrigen Tag hatten wir das Thema, was „mein“ Kloster sei. Ich denke, es ist der Ort, wenn man es so sagen kann, wo ich mich geborgen und geschützt fühle, wo ich wertgeschätzt werde und ich diese ganz besondere Art von „Wärme & Liebe“ erfahre.

Kurven – nein, nicht endlos im Kreise sich drehen, sondern schwungvoll von einem Drehsinn in den anderen fallen, und wenn es sein soll, darf auch mal `ne Gerade dazwischen sein. Doch auch hier gilt es, Vorsicht walten zu lassen und es nicht zu übertreiben. Und so haben wir heute bereits nach 30km die erste Pause eingelegt und unsere inneren Tanks wieder mit Flüssigkeit betankt – das tat gut. Danach ging es weiter auf unserem Weg.
Die Kurven schienen kein Ende nehmen zu wollen – wie im Leben. Doch hier hat man nicht diese Leitpfosten und auch nicht immer alle Regelwerke im Blick. Geradeaus und Vollgas, doch wie handelt man, wenn doch mal der Schub oder die Kraft nachlässt? Fährt man dann an den „Rastplatz“ und sucht „sein“ Kloster auf? Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich mein Kloster gefunden habe und auch zumindest gelegentlich nach einem „Rastplatz“ Ausschau halte. Ja, selbst die Warnblinkanlage habe ich gelernt zu nutzen, doch hoffe ich, dass ich dies zukünftig früher erkenne und nutze. Denn wenn ich um Unterstützung bitte, so werde ich diese auch erfahren.
Es gibt Wege, die können wir einfach mit unseren Moppeds nicht bewältigen, und so haben wir gegen 13 Uhr per Fähre bei Patras übergesetzt. Und da wir diese Art der Fortbewegung nicht gewohnt sind, kam im direkten Anschluss eine Pause zur körperlichen Stärkung mit Speis und Trank. Ich war froh und dankbar, dass uns die Fähre auf unserem Weg sicher und zuverlässig geholfen hat.

Lebenswege kommen irgendwann auch mal beim „Fährmann“ an, doch es ist nach meinem Glauben nicht das Ende unserer Reise. Ich habe während dieser Pilgerfahrt einen lieben Menschen in die Obhut des „Fährmanns“ geben müssen und ich vertraue darauf, dass er einen guten Job macht und es auf der anderen Seite weitergeht – „Annette: gute Reise!“
Wir sind am späten Nachmittag in zügigen Etappen an unserem Ziel Kalo Nero angekommen. Ankommen – Ankommenbier – Nachtickern mit Aussicht auf morgen – Einchecken – Im Meer schwimmen – Abendessen - …
…und nun einen mir wichtigen Moment feiern – das Entzünden einer Erinnerungskerze am Meer - für Annette und in großer Hoffnung für unseren Sohn Marc. Ich freue mich sehr, dass ich in diesem Moment nicht alleine war.
Kurven und Klöster – ich freue mich auf die Kurven der Straße & Kurven des Lebens, die vor uns liegen und bin sehr dankbar, dass ich mich liebevoll in „meinem“ Kloster aufgehoben fühlen darf.

Allzeit gute Reise!

Mike

 


8. Tag - Freitag, 04.10.2024

Hotel Oasis.
Unterwegs sein braucht OASENtage, also Offene – Auszeit – Sinnvoll – Imposant - Super
Ja, Helena, wie war dieser Tag? So zwischendrin?

Guten Tag, Kalimera, Helena, ich bin Blaufuchs, das motorisierte Zweirad von Ulrich und Mio. Heute ist der 8. Tag griechisch on Tour. Und endlich haben die Zweibeiner ein Einsehen für uns 14 und sich selbst. Sie sehen ein: Unterwegssein in Gruppe braucht einen Oasentag. Passt gut! Wir sind alle im Hotel OASIS untergekommen. Hier steht O für offen, A für Auszeit, S für sinnvoll, I für imposant, S für sagenhaft. Du Helena weißt: Auch unter uns Zweirädern gibt es sonne und sonne. 8 von uns haben es hinbekommen, dass ihre Zweibeiner nach Olympia aufgebrochen sind. Eine 5.000 Jahre alte Kultstätte, die dann im Laufe der Jahre die olympischen Spiele ins Leben gebracht hat. Von diesen Zweibeinern erzählen einige, sie hätten in ihrer Disziplin und Altersgruppe entsprechende Preise abgeräumt. Bildgebende Apparaturen sollen dies belegen.
Was Olympia anbelangt habe ich mich in Sachen Motivation zurückgehalten. Denn wann kann ich schon mit ein paar duften Motorkumpeln unter Palmen in der Sonne stehen, begleitet von hündischen Konzerten, permanent mit Meeresrauschen unterlegt. Es kam zu einem prima Austausch.
Des Weiteren stellte ich mir vor, dass meine zu mir gehörenden Zweibeiner sich endlich aufrecht bewegen. Der Genuss unter Palmen dauerte jedoch nicht lange. Ich nahm meinen Dienst auf.
So fuhr ich mit ihnen ins nächste Strandstädtchen, um sie da endlich Speiseeis genießen zu lassen. Für einen zweibeinigen Kumpel haben sie noch „Ouzo-Pops“ besorgt. Jener ist nämlich der Meinung, mit „Jamas, Jamas, Jamas“-Rufen beim Ouzo-Trinken könnte er uns Zweirädern imponieren.
Uns zu bewegen bedarf es mehr. Hier in Griechenland haben einige Zweibeiner entsprechende Erfahrungen gemacht. Mit breitem Lächeln im Gesicht, aber auch wissend, dass das Zusammenspiel zwischen Zweirädern und Zweibeinern eine Übungssache ist, abenteuerlich, brisant und ein paar Schutzengel bedarf, die ich aber bedauerlicherweise noch nicht von Angesicht zu Angesicht zu Gesicht bekommen habe. Ich vertraue weiterhin auf ihr Dazutun, denn so manches Mal bringen Zweibeiner uns Zweiräder in Verlegenheit, heißt Dilemma.
Mein Dienst heute endete mit einer imposanten, kurvenreichen Fahrt über Berg und Tal, an Olivenhainen, Zitronen- und Limonenbäumen, Paradiesäpfeln, Kakteen mit Früchten vorbei.
Ein alle Sinne ansprechender Tag.

Ich hoffe, die zweibeinigen Olympioniken und ihre Nachhut behandeln uns Zweiräder weiterhin achtsam, versorgen uns mit dem, was wir brauchen, so dass unser Zusammenspiel gelingt.

Dein Blaufuchs.

P.S.:
Wir Zweiräder werden eine Motorrad-Gewerkschaft gründen. Namensvorschlag: GSE
Wir meinen, dies sei sinnvoll hinsichtlich weiterer Oastentag-Forderungen.
Unsere G-Top: Chevalier Noir, Häuptling Blaue Wolke, Ouzovernichter, Lampera Astera, Zündfunken, Tickern, BHB, u.a. mehr.
Unser ältester Kumpel schlägt vor, wenn die Zweibeiner dem Oasentag nicht Folge leisten, dann einfach stehen zu bleiben.
Übrigens: GSE bedeutet für uns Zweiräder „Gummi, Sprit und Elektronik“.
Für die Zweibeiner heißt die Abkürzung:

„Gott segne Euch!“

Blaufuchs

 


9. Tag – Samstag, 05.10.2024

Ist es wirklich schon so spät?
Ich habe den Eindruck, dass es auf dieser Tour länger als sonst dauert, bis wir zueinandergefunden haben, liebe Helena. Nun bist du endlich mit mir unterwegs und uns begleitet heute das hoch philosophische Thema „Kultur“. Hätte dich Felix also doch in Philia oder gar Sophia umbenennen sollen?

Kultur – Gibt es ein Leben ohne Kultur?
Und ist Kultur nur etwas für Reiche?

Könnte man beides schlicht und ergreifend mit „Nein“ beantworten, und doch entwickelt sich im Laufe des Tages und des Nachtickerns und des weiteren Abends eine rege Diskussion, die viele Facetten offenbart.
Wie definiere ich Kultur? Als eine vom Menschen geschaffene, gestalterische Leistung, die Gemeinschaft stiftet? Das bringt mich schnell zum Begriff des Kulturkreises – ein geschlossener Kreis, der Andere/Anderes/Andersartiges ausgrenzt?
Heute erleben wir zum zweiten Mal auf dieser Tour eine Form von kultureller Aus- naja, zumindest Abgrenzung: Wir dürfen im beeindruckenden Amphittheater von Epidauros nicht singen.
Nichtmal ein „Laudate omnes gentes“! Und unsere zwei (!) Helme dürfen auch nicht in der Mitte liegen.
Per Trillerpfeife werden wir machtvoll zur Ordnung gerufen. Singen und Tanzen ist hier nur mit ministerieller Sondergenehmigung gestattet. OK, solche Regelungen gehören wohl auch zu den kulturellen Errungenschaften.
Epidauros – die bedeutendste antike Kultstätte für den Heilgott Asklepios und dessen Vater Apollon, seit 1988 Unesco-Weltkulturerbe. Dies ist heute unser vorgezogenes Tagesziel, kurz vorm Hotel „Apollon“, direkt am Strand gelegen. Vorgezogenes Ziel deshalb, weil uns ein Gewitter über dem Meer heute morgen auf schnellerer Route vom Oasen-Hotel aufbrechen lässt. Doch auch die schnellere Route bietet dank griechischer Straßenbau-Kultur einiges an Kurven.
Kulturprogramm am Nachmittag – statt Zündfunken-Kultur am Folgetag… angesichts der „no singing – no dancing“-Kultur eine gute Entscheidung. Ich verlasse diese kulturell (angeblich) wertvolle Stätte leider wenig schlauer als zuvor. Bin ich ein Kultur-Banause?
Ist unser Pilgern eine Form von Subkultur?

Willkommens-/ Begrüßungskultur, Esskultur, Trinkkultur, Sprachkultur, Streit-/ Diskussionskultur, …
Kulturbeutel, Kulturverein, Kulturschock, kulturelle Aneignung, Pflanzen kultivieren, …
Viele Begriffe fallen uns ein und gleichzeitig birgt ein jeder viel Diskussionsstoff.
Mir ist wichtig: Interesse an anderen Kulturen hebt die Begrenzung einzelner Kulturkreise auf!

Ich beende diesen spannenden Tag mit einer kurzen Einkehr in meinem persönlichen Kloster und einem entspannenden Bad im Meer.

„Klöster, Kurven und Kult(o)ur“…. Eine coole Tour!

Schnell noch ein Gebet: DANKE !!!

Conny

 


10. Tag – Sonntag, 06.10.2024

Versuchsprotokoll
A) PROBLEMSTELLUNG:
Ist es möglich, 15 Versuchspersonen, auch Motorradpilger genannt, an einem Tag vom Ort A, dem Hotel Apollon in Epidauros, zum Ort B, dem Hotel Vitilo in Karavostasi zu bringen?

B) VERSUCHSAUFBAU:
1. Unabdingbare Hilfsmittel:
* 14 zweirädrige Fortbewegungsmittel mit Verbrennungsmotor, von ihren Besitzern oft liebevoll als „Moppeds“ bezeichnet; und ansonsten unter der Bezeichnung „Motorrad“ bekannt.
* 1 Zündfunke = 1 Impuls für den Tag
* Das Nachtickern
2. weitere mögliche Hilfsmittel:
* Wegrandpausen, Tankstopps, Essenspausen, Trinkpausen, Besichtigungspausen, sonstige Pausen. Diese möglichen Hilfsmittel dürfen von den Versuchsteilnehmern in beliebiger Reihenfolge, Intervallen und Längen benutzt werden.

C) RANDBEDINGUNGEN:
1. Der Zündfunke findet um 9:00 Uhr unter Teilnahme aller Versuchspersonen statt.
2. Nach dem Zündfunken erfolgt die Aufteilung der 15 Versuchspersonen in zwei sogenannte Pilger—oder Fahrgruppen. Da allerdings nur 14 der zweirädrigen Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen, ist eines von ihnen zur Nutzung von zwei Personen freigegeben.
3. Da diese zwei Gruppen auf meist unterschiedlichen Wegen von jeweils einem Guide geleitet werden, und der Protokollschreiber nur einer der beiden Gruppen angehören kann, ergibt sich hier eine Unbekannte, die am Versuchsende noch näher zu betrachten ist.

D) VERSUCHSDURCHFÜHRUNG:
1. Zum Zündfunken bei diesem Versuch gesellen sich drei Personen als externe Beobachter hinzu, was selten vorkommt, aber durchaus erwünscht ist.
2. Der Impuls für den Tag ist die Fragestellung an jeden Versuchsteilnehmer: „Was bereitet Dir unterwegs Freude?“
3. Nach dem Aufteilen in die bereits erwähnten zwei Gruppen droht fast ein verfrühter Versuchsabbruch, da das Mopped vom Teilnehmer „Häuptling Blaue Wolke“ sich nicht starten lässt. Aber unter Zuhilfenahme eines eigens von ihm zu diesem Versuch beigesteuerten Starthilfekabels (zulässig!) gelingt es mit der Verwendung eines anderen Moppeds aus der Gruppe als Spender, das Gefährt von Häuptling Blaue Wolke wieder flott zu bekommen, seinem Namen alle Ehre zu machen und den Versuch fortzusetzen.
=> BEHAUPTUNG: Zur großen Freude aller!
4. Durch das Befahren von durch den Guide ausgesuchten großen und kleinen sowie kleinen und großen Straßen, die in weiten und engen und auch in engen und weiten Kurven, sowohl bergauf und bergab, als auch bergab und bergauf durch wunderschöne griechische Landschaften führen, erreicht eine Gruppe wohlbehalten den Ort B. Von den möglichen Hilfsmitteln wurde natürlich Gebrauch gemacht. Hervorheben möchte ich hier allerdings nur zwei, nämlich
a: Den Tankstopp, nachdem das zuvor erwähnte Startproblem glücklicherweise nicht mehr auftrat.
Und b: Die Trink- und Essenpause in einer urigen Taverne in einem kleinen Bergdorf.
=> Wieder BEHAUPTUNG: Zur Freude aller in der Gruppe!
5. Auch die zweite Fahrgruppe hat den Ort B vollzählig und wohlbehalten erreicht.

E) VERSUCHSERGEBNIS: => GELUNGEN !

F) VERSUCHSNACHBEREITUNG:
Beim Nachtickern wurden einige Dinge und Begebenheiten des Tages zusammengetragen, die kleine und große Freuden individuell bei jedem der Versuchsteilnehmer ausgelöst haben.

G) VERSUCHSBEOBACHTUNG:
Um die bei der in den Randbedingungen erwähnte Unbekannte näher definieren zu können, hilft die Beobachtung der Gesichter und Verhaltensweisen der jeweils anderen Gruppe.
=> BEHAUPTUNG: Diese hatte, wie der Protokollant selbst, einen weiteren spannenden,
abwechslungsreichen, erfolgreichen, aber auch anstrengenden Fahrtag im wunderschönen Griechenland!

Dirk (Protokollant)

 


11. Tag – Montag, 07.10.2024

Am Vorabend ist es mal wieder spät geworden und als ich aufwache, strahlt eine grelle Sonne aus einem blutblauen Himmel. Nach einem ungewohnt späten Frühstück blitzt wieder der Zündfunke:
„Wie viel Individualität verträgt eine Gruppe bzw. Gemeinschaft?“ … später mehr dazu.

Von unseren beiden Guides werden zwei verschiedene Touren zur Wahl gestellt. Ich entscheide mich für die längere, um den letzten „frei“Tag in Griechenland noch einmal in vollen Zügen genießen zu können, … denn der nächste Tag hat ja wohl ein Ziel mit unbedingter Pünktlichkeitspflicht.
Jedoch – unverhofft kommt oft – beim Starten stellt sich heraus, dass eines der Moppeds einen Platten hat. Eine passende Werkstatt ist schnell ausgemacht und aufgesucht. Und nachdem der Schrauber-Engel mit einem Gummipfriem das Loch für kleines Geld gestopft hat, gibt´s noch Verlängerung für einen Zündkerzenwechsel am blauen Wölkchen.
Die Hilfsbereitschaft der Menschen dieser Werkstatt ist wirklich anrührend und bereichert das Erlebnisspektrum dieses Tages auf unverwechselbare Weise. Natürlich trägt auch die anschließende
- etwas eingekürzte - Rundtour über die Halbinsel Mani dazu bei:
* Aus grünen Hängen steil aufragende Klippen aus rötlichem Kalkstein.
* Unzählige für Olivenplantagen angelegte Terrassen winden sich an Hängen entlang.
* Ein überraschend einheitlicher und eigenwilliger Baustil der Wohnhäuser in den zum Teil auf steil aufragenden Felsgraten errichteten Dörfern.
* Der Baustil erinnert an mittelalterliche Bürgen mit Türmen, Anbauten und Torhäusern, gebaut aus dem örtlichen Gestein.
* Von weitem sind die Konturen selbst neuester Bauten oft nicht von alten – manches Mal sogar nicht von denen der Ruinen zu unterscheiden.
* Und alles ist umspült vom unglaublich blauen, schaumgesäumten Meer.
* Und umspielt von vielkurvig gewundenen, dreidimensional schwingenden Fahrwegen, auf denen wir entlang gleitend die uns umfassende Schönheit bewundern.
Ein unvergleichlich entspannter Tourtag mit spannender Basteleinlage.
Zurück im Hotel ist noch genug Zeit für ein ausgiebiges Bad (für mich im Pool) und ein Schlümmerchen.
Beim Abendessen kommen wir dann auf das Thema des Zündfunkens:
„Wieviel Individualität verträgt eine Gemeinschaft?“
… ein vielseitiges Thema. Versuchen wir es mit Beispielen:
Beispiel Moppedfahren – hier ist eher weniger Individualität angebracht, denn alle Gruppenmitglieder sollen auf selbem Weg in gleicher Zeit von A nach B gelangen.
Beispiel (Tour)Planungen – hier ist eher mehr Individualität gefragt, denn die Auswahl aus dem größeren Ideenpool verspricht das interessantere Programm.
Beispiel unser Miteinander – schwierig! Einerseits versprechen gerade unterschiedliche Sichtweisen auf gemeinsam Erlebtes die interessanteren Gespräche. Andererseits: Der Wertekanon einer Gruppe entsteht und lebt nur im Kollektiv und verträgt selten Individualität bei der Interpretation.
Beispiel: In welchem Maß darf das Wohlbefinden von Gästen in unserem Land durch das populistische Handeln einer Minderheit eingeschränkt werden?
Was wollen wir da an Individualität zulassen, tolerieren?
Oder fassen wir den Rahmen kleiner: wie weit darf durch das Verhalten einzelner in unserer Gruppe das Urlaubserlebnis anderer Hotelgäste geschmälert werden?... ein heißes Eisen
Ist Individualität überhaupt messbar, um die Frage nach dem „wieviel“ beantworten zu können?

Am Ende steht wohl eines fest: Um die eigene Individualität überhaupt wahrnehmen und weiterentwickeln zu können, braucht jedes Individuum die Gemeinschaft.

Matthias

 


12. Tag – Dienstag, 08.10.2024

Von Mani zur Fähre

Liebe Helena,
ich sitze hier in einer kleinen Kabine auf einem Schiff Richtung Ancona. Mein Kopf platzt und meine Nase läuft. Meine Motivation, dir zu schreiben, ist gleich null. Was hat mich heute morgen dich behalten lassen? Ein Gefühl, vielleicht Abschied. Der Kreis schließt sich und wir sind wieder auf dem Weg heimwärts.
Nach dem letzten Zündfunken auf griechischem Festland kreisen meine Gedanken. Eine Aussage, verschiedene Interpretationen. Liegt die Deutung einer Nachricht beim Empfänger? Muss eine Aussage überhaupt eine Bedeutung für mich haben? Und ist meine Deutung auch die gleiche wie die des Absenders? Eine Energie, die mitschwingt, als ich losfahre. Es fühlt sich an wie eine schwere Energie. Ich beobachte und nehme die Kurven an. Es wird leichter und leichter.

Was nehme ich aus Griechenland mit? – Ein Geschenk.
Für jeden von uns ist es eine andere Erfahrung. Wir (er)fahren die Kurven des Lebens nur, wenn wir die Höhen und Tiefen annehmen und weiterfahren. Würden wir nur die gerade Autobahn nehmen, würde es eintönig und schnell vorbei sein. Für mich ist dieses Geschenk das Erfahren meiner persönlichen Kurven. Den realen, greifbaren Kurven mit meinem Möp, die mit der Erfahrung leichter werden. Und gleichzeitig auch die Lernkurven der persönlichen Entwicklung. Wie gehe ich mit meinen Höhen und Tiefen um? Bin ich an meinen Tiefen schuld? Oder kann ich mich jetzt neu besinnen und dem Ganzen eine andere Bedeutung geben?
Mein Kopf kreist, und während ich versuche, einzuschlafen, wird mir bewusst, dass meine Geschenke, meine Highlights, das, was mir in Erinnerung bleiben wird, die schwierigen Situationen sind. Die wir gemeinsam gemeistert haben, in denen wir füreinander da waren, in denen wir einander halfen.
In denen wir Erfahrungen erfahren haben.

Anne

 


13. Tag – Mittwoch, 09.10.2024

Guten Morgen allerseits! Es ist 7:40 Uhr griechischer Zeit als ich starte.
Der Himmel ist wolkenverhangen, doch die Sonne kämpft sich allmählich durch – ein Bild, das heute gut zu unserem Tag auf dem Schiff passt. Wir haben Zeit geschenkt bekommen, einen freien Tag in dieser wahrhaft weiten Umgebung. Doch was mache ich eigentlich mit geschenkter Zeit?
Ein Zündfunke will es, dass ich mich damit auseinandersetze – was für ein Zufall.
Das Geschenk eines freien Tages kann Druck erzeugen: Wie sinnvoll ist es, keinen Plan zu haben? Müssen wir diese wertvolle Freizeit immer „nützlich“ gestalten, uns ständig fragen, ob wir sie gut füllen? Oder gibt es auch andere Wege, die Erholung bringen? Einfach mal faulenzen, loslassen – vielleicht trägt gerade das zu wichtiger Entspannung bei. Heute gehen wir alle ein wenig unserer eigenen Wege. Auch das, glaube ich, brauchen wir manchmal. Zeit, um uns in uns selbst zurückzuziehen, oder um einfach nur zu sein. Es ist kein Zufall, dass sich die Wolken lichten.

Im zweiten Gedankengang frage ich mich: Ist es gut, Grenzerfahrungen zu machen, wie ich sie in Griechenland erlebt habe? Ich habe Touren gefahren, die ich noch nie annähernd gefahren bin – Abenteuer für einen Nicht-Abenteurer.
Das Spannungsfeld zwischen ‚sich ausprobieren‘ und ‚sich nicht zu gefährden‘ ist spürbar.
Danke für den Schutz, der uns begleitet hat, uns hoffentlich auch weiter treu ist!
Und ich danke schon jetzt meiner Gruppe, Felix und Bernd für das Aufheben; Mio, Ulrich und Gerd für das seelische Aufrichten; Sabine für die zuverlässige Vorausfahrt – und Matthias kann ich Euch als Zimmerpartner nur empfehlen.
Mit Euch ist es gut, Grenzerfahrungen zu machen – mit einem guten Team.

Schließlich komme ich zu einer noch tiefer gehenden Frage: Wie hat mich diese Reise in meinem Verhältnis zu Glaube, Institution und Religion weitergebracht?
Für mich ist Glaube eine positive Kraft, die Halt gibt, Hoffnung schenkt, Vertrauen gibt. Ich bin mir der privilegierten Umstände bewusst, in denen wir leben – in einem friedlichen Deutschland. Das wünsche ich mir auch für unsere Kinder und Enkel. Wir sagen öfter: Gott hat die Erde dort geküsst, wo wir leben.
Dennoch habe ich Schwierigkeiten mit den Institutionen um den Glauben herum, und das hat sich eher verstärkt – schade.
Ich glaube an etwas Höheres, Gutes, Ordnendes. Aber die Riten, die strikte, ernste Einhaltung und die Abgrenzung zu anders Glaubenden bereitet mir Unbehagen. Für mich sollte Glaube auch sprühende Lebensfreude sein, nie Selbstgerechtigkeit. Religion bietet der Gemeinschaft eine Struktur, die aus Erfahrung und Weisheit gewachsen ist, sinnvoll (jede Religion).
In Meteora, Olympia, aber auch in unseren „Heiligtümern“ sehe ich Widersprüche zu dem, was Glauben für mich ausmacht.
[Einschub: Was würde geschehen, wenn zum Beispiel ein Mohammedaner seinen Gebetsteppich im Kölner Dom ausrollt, um einen Platz für sein Gebet in Ruhe zu finden?]
Keine Sorge: ich zahle weiter Kirchensteuer. Für mich bleiben Kirchen und andere spirituelle Orte wichtige Räume der Besinnung, und die vielen helfenden Hände innerhalb der Strukturen weiß ich sehr zu schätzen.
Ein Blick auf den kommenden Tag, den wir gemeinsam genießen dürfen: Weiter alles erdenklich Gute auf unserer gemeinsamen Fahrt! Häuptling Blaue Wolke schickt übrigens sein Pferd in einstweiligen Ruhestand, was allgemein als gnädige Entscheidung hingenommen wird.

Willy

P.S.: Wie viele Gedanken einem kommen, wenn man Zeit geschenkt bekommen hat – es schreit nach Wiederholung! Ich will die Erfahrung mit Euch nicht missen!

 


14. Tag – Donnerstag, 10.10.2024

Hallo Hellena,
so schnell haben wir uns also wieder, JETZT ist unsere Zeit!

„Leben im Hier & Jetzt, oder einfach nur sein?“
Das ist der Impuls des heutigen Tages und dies hier nun meine Gedanken dazu.

Wir alle leben jetzt. Wir alle leben hier. Jeder für sich und doch auch mal sehr nahe und gemeinsam.
Wir sollten unsere Momente im Hier & Jetzt genießen und feiern und wenn es passt auch gern mit anderen teilen. Wir sind alle ‚bemüht‘, unsere Leben so friedvoll und harmonisch wie möglich zu gestalten – und häufig passt es sicherlich auch, doch was heut‘ noch groß und wichtig erscheint, kann schon morgen ganz anders aussehen. Hier & Jetzt, das ist wichtig.
Das Leben ist endlich und wie oft sagen wir vergebens „Ach, hätt‘ ich doch noch ...“.

Auch ich habe im gestrigen Hier & Jetzt – Moment meine Entscheidung getroffen, mein Mopped in fremde Hände zu geben und dadurch weiter mit Euch über die Berge gen Heimat pilgern zu können.
Diese Entscheidung habe ich damals, im Hier & Jetzt getroffen und im Aktuellen bin ich dafür dankbar. Es ist für mich eine neue Erfahrung, als Sozius eine Pilgerreise zu bestreiten und ich kann im Hier & Jetzt sagen, dass es genau richtig war. Dass es jetzt derart möglich ist, das verdanke ich einer zufälligen Begegnung auf der Fähre zurück nach Ancona mit Norbert & Anja vom Dörnberg – an dieser Stelle meinen herzlichen Dank für Euer Angebot der Unterstützung, und dass Ihr es tatsächlich auch umsetzt, mir, einem wildfremden Menschen, derart zu helfen und mir diese Momente schenkt. – Danke!

Lasst uns mutig nach vorn und mit Freude auf morgen schauen, denn es ist fraglich, ob diese Freude im schon baldigen Hier & Jetzt noch von uns gelebt und ausgelebt werden kann.
Aber lasst uns auch nicht das „Gestern“ vergessen, denn auch wenn alles gut schien, so kann dieses in einem späteren Moment ganz anders ausgelegt und interpretiert werden.
Es zählt der Moment, das Hier & Jetzt, wann immer es war oder sein wird.

Pilgern mit PS und das Angebot „Griechenland“ habe ich im damaligen Hier & Jetzt gerne angenommen und darüber freue ich mich auch heute noch. Mit Euch unterwegs zu sein, auch wenn mich viele Gedanken, Sorgen, Nöte und Ängste begleiten, doch… auch diese Momente werden ihr Hier & Jetzt sowie ihren Raum finden… und das gehört auch so.
Uns wurde auf dieser PmPS-Pilgerreise an so vielen Stellen gezeigt, wie einfach schöne Momente sein können. Sei es, dass wir wunderschöne Erfahrungen machen, oder für- und miteinander da sind und das Gefühl haben „Wir sind Hier & Jetzt“ und „Du bist nicht allein“. Ich danke Euch für Eure Zeit und Kraft, die Ihr mir geschenkt habt.
Und so lasst und versuchen, Multiplikatoren dafür zu sein, und das nicht irgendwann, sondern ab hier & jetzt.

Danke, dass IHR jetzt mit mir hier auf meinem Weg unterwegs seid.

Mike

 


15. Tag – Freitag, 11.10.2024

Guten Morgen in Nassereith.
Ein letzter gemeinsamer Fahrtag liegt noch vor uns und wir freuen uns darauf.

Liebe Hellena,
ich habe mich gestern entschieden, dich nochmal mit mir auf den Weg zu nehmen.
Wir starteten in Altavilla Vicenza und beim Fahren in meinem Lieblingsland kam ich dann doch zum Nachdenken.
„Gottvertrauen“ gab man mir mit auf den Weg. Habe ich Gottvertrauen?
Man sagt das so einfach, aber vertraut uns Gott nicht unser Leben an? Und wir müssen für uns Entscheidungen treffen, die unser Leben und auch anderer Leben entscheidet. Er vertraut auf uns, dass wir alles tun, um richtig zu handeln. Aber manchmal klappt nicht alles so, wie wir uns das vorstellen und alles kommt anders!
Ich nehme auf jeden Fall immer Gottvertrauen mit auf meinen Weg, egal wo es mich hinführt. Bis hierhin bin ich all meine Jahre gesund angekommen. Das ist wichtig!
Im Laufe des Tages entschloss ich mich allerdings, nicht weiter über den Tag zu berichten, sondern Dir, Hellena, ein Geständnis zu machen. Also los…

Mein liebstes Italien!
Ich muss Dir leider sagen, dass ich auf meiner Pilgerreise fremdgereist bin. Es tut mir wirklich leid, aber ich habe mich verliebt. Kann man nach 9 Tagen schon von Liebe sprechen? Ich denke schon; gibt es doch die Liebe auf den ersten Blick. Aber ich habe von Anfang an genauer hingesehen.
Der Weg in dem neuen Land war ab und an etwas holprig und man kann nicht davon reden, dass es mir einfach erging. Aber ich hatte viel Spaß und es lud mich immer wieder auf neue Abenteuer ein.
Die Freundlichkeit in meinem neuen Land begeisterte mich von Anfang an. Man winkte mir zu und brachte mir bei, dass das Leben Zeit braucht (besonders beim Kaffeetanken). Die vielen unerwarteten Tiere auf den Straßen machten meine Fahrt immer zu einem Erlebnis. Beim Spazierengehen wurde man von einem freundlichen Hund begleitet und wohlbehalten zum Hotel zurückgebracht.
Bei Dir, meine liebes Italien, ist es auch immer sehr schön und deine Kurven sind auch nicht zu verachten, aber in dem neuen Land muss man sie nicht lange suchen. Sie sind einfach immer und überall. Auch kulturell und kulinarisch bin ich von meinem Neuen echt begeistert.
Bei dir gibt es auch viel bergische Natur, aber in dem Neuen sind Berge und Meer noch besser ineinander verwachsen als bei dir. Allerdings möchte ich gar nicht länger Vor- und Nachteile aufzeigen. Aber vielleicht finden wir einen guten Weg, dass wir alle drei zurechtkommen.
Also, mein liebstes Italien, mach Dir keine Sorgen und habe Vertrauen… ich komme wieder.
Aber – da ist jetzt auch noch Griechenland. So heißt meine neue, zweite Liebe.

Vielen Dank, dass ich mit Euch das neue Land bereisen durfte.

Gruß

Sabine

 


16. Tag – Samstag, 12.10.2024

Nassereith – Hammelburg / 430km

An unserem letzten gemeinsamen Fahrtag starteten wir nach dem Zündfunken in der Kirche bei recht frischen Temperaturen die Fahrt über den Fernpass in Richtung Füssen. Kurz nach dem Grenzübergang nach Deutschland war das erste Speiselokal in Füssen tatsächlich ein griechisches Restaurant. Oh wie schön wäre es, wenn es auf griechischem Boden gewesen wäre, natürlich auch bei warmen Temperaturen, die wir in Griechenland hatten.
Nach einer kurzen Autobahnfahrt bei 8-10°C machten wir dann in der Nähe von Ulm eine Aufwärmpause.
Matthias hatte wohl ein indisches Lokal gesehen, was sich dann aber als griechisches Restaurant rausstellte. Hier wurde dann wie gewohnt Saganaki/Schafskäse oder auch aufwärmende Suppe gegessen. Da die Temperaturen immer noch im einstelligen Bereich lagen, waren wir uns alle einig, dass wir die Autobahnfahrt fortsetzen, um schnell ans Ziel in Hammelburg zu gelangen.
Sicher und leicht durchkühlt erreichten wir dann spätnachmittags als erste Gruppe das Ziel. Bei gutem Essen und guter Stimmung feierten wir alle gemeinsam noch bis in den späten Abend hinein.

Rückblickend auf die gemeinsame Reise mit Euch und den tollen Erlebnissen kann ich für mich nur gute Erfahrungen für Gashand, Geist und Seele mit ins Tal und nach Hause nehmen.
Dankeschön nochmal an jeden Einzelnen für die wunderschöne Zeit. Ich habe viel gelernt dabei.
Ganz besonders möchte ich den beiden Tourguides Ulrich und Tom einschl. Mio für Ihre perfekt ausgearbeitete Tour und Leistung ein ausgesprochenes „Dankeschön“ sagen.
Besser kann man es nicht machen!

Für Euch alle noch eine gute Heimreise und ich hoffe, dass wir uns bald gesund mal wiedersehen.

Gruß

Bernd

 


17. Tag - Sonntag, 13.10.2024 in Hammelburg

Liebe Hellena,
nun haben auch wir uns ein zweites Mal gefunden!
Es ist kaum zu glauben, aber heute geht unsere Pilgern-mit-PS-Reise nach Griechenland schon wieder zu Ende. Angefüllt mit einer Menge an Herausforderungen, Erlebnissen, tollen Begegnungen, etwas Abenteuer, vor allem aber kleinen und großen Wundern. Nichts geschieht durch Zufall. Wir Pilger sind alle heil und gesund in Hammelburg angekommen, auch wenn ein Motorrad einen anderen Heimweg gewählt hat. Was mich wieder sehr berührt hat, war die stetige, spontane Hilfsbereitschaft, sowohl aus der Gruppe, als auch durch teilweise fremde Menschen, wenn es nötig war.

Gott ist in jedem von uns!

Beim letzten Zündfunken heute wurde es mir sehr schwer ums Herz. Der Abschied von Euch war sehr hart, da ihr mir alle sehr ans Herz gewachsen seid. Allein die Erkenntnis, dass wir uns wiedersehen werden, machte es mir etwas leichter.

„Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott uns fest in seiner Hand!“

Günther